1. Februar 2016
Magazin

THEMA: Handwerker

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TIMS THESEN 

THEMA: Handwerker

Tim Holzhäuser schreibt hier seine monatliche Glosse
Tim Holzhäuser schreibt hier seine monatliche Glosse
Es gibt Dinge, die kommen in diesem Universum nicht vor. Sie werden kein Wurmloch vom Waseberg an den schönsten Strand von Alpha Centauri finden und auch nicht zwei Handwerker, die einer Meinung sind.

Sie können beispielsweise die Arbeit einer seit fünf Generationen versierten Schuhmacherfamilie einem anderen Schuhmacher zeigen. Ohne Hintergedanken, außer Konkurrenz. Der zweite wird die Arbeit der ersten wütend hin und her drehen und Ihnen in einem mehrstündigen Sermon sämtliche Mängel aufzählen. Das gleiche erleben Sie bei Schneidern, Malern, Mechanikern. Sie können es mit ausgewiesenen Fachleuten zu tun haben, mit Meisterbrief an der Wand, Innungsmitgliedschaft, Gutachter tätigkeiten – völlig egal –, der eine wird die Arbeit des anderen stets als mittelschweren Betrugs versuch hinstellen und Sie selbst als hirnverbrannten Tölpel.

Die Arbeit muss nicht physisch vorhanden sein, das Planungsstadium reicht aus. Zwei Handwerker, zwei Meinungen. Diese Meinungen sind keineswegs um zwei, drei Grad versetzt, nein, sie widersprechen sich diametral – so als gälten auf diesem Planeten zwei verschiedene Naturgesetzgebungen. Der eine Maurer will die feuchte Wand mit besonders lockerem Putz verkleiden, der andere mit Stahlbeton versiegeln. Der erste Koch will das Fleisch vor dem Braten salzen, der zweite bekommt allein bei der Idee einen Infarkt. 

Am Ende des Tages wird Ihnen wahrscheinlich noch die Bianca des Escort-Services erklären, dass die Dienstleistung der Escort-Gloria eine unfassbare, gemeingefährliche Sauerei sei.

FOTO: © MARKUSO - FOTOLIA.COM
FOTO: © MARKUSO – FOTOLIA.COM
Letztlich ist mir exakt ein Gewerk bekannt, in dem sich alle Handwerker einig sind: Brauer von Craft Beer. Sie dürfen ihr Produkt allesamt nicht mehr „Bier“ nennen, weil sie es nicht lassen können, Kiefernnadeln, Reis und ähnliches Gerümpel in der Maische zu versenken. Das Ergebnis ist meist so verlockend wie ein Wasserloch mit toter Ziege drin, aber die Brauer sind von der Qualität des Gesöffs überzeugt wie ein Mann.

Zurück zur ersten Gruppe, der uneinigen Handwerker. Was ist da los? Meine These: Zu geringe Erfahrung, zu großes Themenfeld und Zwang zum großen Theater. Maurer lernen ganze drei Jahre und sollen dann jede nur erdenkliche Frage zur bevorzugten Wohnform unserer Zivilisation beantworten. Wer den Gesellenbrief in der Hand hält, ist unter Umständen grüne 19 Jahre alt, sieht sich aber verpflichtet im Einklang mit allen bisherigen und zukünftigen Erfahrungen der Menschheit Auskunft zu geben. Es wäre erfrischend, wenn ein Klempner endlich die Fakten einräumen und sagen würde: „Weiß ich nicht. Das macht sonst Karl-Heinz.“

Tatsächlich aber wird er Ihnen auseinandersetzen, warum Karl-Heinz das größte Rind unter der Sonne ist, das eh dringend aus dem Verkehr gezogen werden sollte. Kann ja wohl nicht angehen!

Die beiden finden erst wieder am Abend beim Craft Beer „Tote Ziege“ zueinander, das hier wie dort für Kopfschmerzen sorgt.

Autor: Tim Holzhäuser, tim.holzhaeuser(at)kloenschnack.de

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