1. Dezember 2017
Magazin

Vom Winde zerweht

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WETTER

Vom Winde zerweht

Sturm, Sturmflut, Klimawandel 

1958, Sturm auf der Elbe: Ein Hadag-Dampfer versucht, am Blankeneser Bull’n anzulegen FOTO: WILMUT GRUNEWALD 
1958, Sturm auf der Elbe: Ein Hadag-Dampfer versucht, am Blankeneser Bull’n anzulegen FOTO: WILMUT GRUNEWALD 
Extreme Wetterphänomene scheinen sich zu häufen. Auch im Hamburger Westen waren im Oktober und November spektakuläre Bilder zu sehen. Ist der Klimawandel schuld?

Es war nicht das übliche Geäst, das runterkam. Umgestürzte Baumriesen sorgten in Hamburg in diesem Herbst für Erstaunen und eifriges Fotografieren. Dazu kamen Regenfälle, angesichts derer Hausbesitzer leise das Wort „Rückstausicherung“ übten. Und natürlich fehlte auch nicht die Frage nach dem großen Ganzen: Wenn es wirklich mehr Stürme und Überschwemmungen gibt, was sind die Ursachen? Klimawandel? Statistische Verzerrung? 

Die nackten Zahlen erscheinen zunächst eindeutig. Laut den Statistiken der Versicherungsgesellschaften hat sich die Zahl verheerender Stürme, Regenfälle und anderer Naturkatastrophen (Sturmfluten etc.) seit den 70er Jahren mehr als verdreifacht. Die Aussagekraft dieser Verdreifachung ist jedoch geringer, als es zunächst scheint. 40 Jahre mögen einen Haaransatz in Bedrängung bringen, wirken sich auf das globale Klima jedoch nicht sicher messbar aus. Das bestätigte im November auch Professor Martin Claußen vom Max-Planck-Institut für Meteorologie. „Seit es Beobachtungen von Satelliten aus gibt, also seit den 70er Jahren, nimmt die Intensität der besonders starken Hurrikane zu. Aber wie der Trend davor aussah, wissen wir nicht. Wenige Jahrzehnte sind ein zu kurzer Zeitraum, um sich ein abschließendes Urteil zu erlauben. Möglicherweise könnte in einem wärmeren Klima der extreme Niederschlag, der mit den Stürmen einhergeht, zunehmen. Aber dies ist noch eine, wenn auch gut begründete, Vermutung.“


Prof. Martin Claußen

„Tatsächlich lässt sich eine generelle Zunahme von Stürmen nicht belegen. Wenige Jahrzehnte sind ein zu kurzer Zeitraum …“



Auch das lokale Klima verweigert sich der einfachen Interpretation. Noch einmal Prof. Martin Claußen: „Die Sturmintensität (in der Metropolregion Hamburg – d. Red.) hat im letzten Jahrhundert bis in die 60er Jahre abgenommen, dann zugenommen, und seit Mitte der 90er Jahre nimmt sie wieder ab. Ein langfristiger Trend ist also nicht zu erkennen.“


FOTO: KLIMAWOCHE HAMBURG
FOTO: KLIMAWOCHE HAMBURG
Prof. Mojib Latif

„… keine Anhaltspunkte dafür, dass in Folge des Klimawandels solche Extreme weiter zunehmen werden.“ 



Also Entwarnung für Hamburg? Nicht ganz. Denn selbst wenn der Klimawandel eintritt (woran in seriösen Kreisen kaum noch Zweifel besteht) und er sich nicht auf die Sturmqualitäten in Norddeutschland auswirkt, bleibt die Gefahr zunehmender Überschwemmungen. Die könnten in Zukunft deutlich heftiger ausfallen, dank Elbvertiefung, zunehmender Flächenversiegelung entlang des Stroms und dem Ansteigen der Meeresspiegel im Zuge der Erderwärmung. Die Stadt hat auf diese Gefahr bereits reagiert. Der erste Abschnitt des millionenschweren Deicherhöhungsprogramms wurde im November fertig – gestellt – einen Meter höher als zuvor. Insgesamt sollen in den nächsten Jahren 78 Kilometer Deich erhöht werden.

Hirschpark, Sturm „Herwart“ warf nicht nur junges Gemüse um. Auch jahrzehntealte Bäume gehörten zu den Opfern 
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Strandweg Blankenese, 1962, der Tag danach 
Strandweg Blankenese, 1962, der Tag danach 

Auch der bekannte Klimaforscher Prof. Mojib Latif fand auf der Hamburger Klimawoche in diesem November deutliche Worte. Zwar sah auch er keinen zwingenden Zusammenhang zwischen Klimawandel und Stürmen, forderte aber dennoch: Die Treibhausgase müssten schnell sinken, denn der CO2-Gehalt habe schon jetzt „schwindelerregende Höhen erreicht“. Und steigt weiter.

Autor: tim.holzhaeuser(at)kloenschnack.de

www.klimacampus-hamburg.de

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