1. Juni 2018
Magazin

Tischlein, deck dich

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ERNÄHRUNG 

Tischlein, deck dich

Saisonale Ernte

FOTO: FLAMINGO IMAGES_FOTOLIA.COM
FOTO: FLAMINGO IMAGES_FOTOLIA.COM
Auch in Zeiten, in denen die meisten Gemüse- und Obstsorten ganzjährig – häufig in misera bler Qualität – erhältlich sind, haben Saisonprodukte ihre Fans. In Norddeutschland sind das besonders Erdbeeren, Spargel und auch der Matjes.

Das warme Wetter der vergangenen Wochen lässt die Erdbeeren in diesem Jahr außergewöhnlich gut gedeihen. Die Erdbeerbauern erwarten nach einer verkorksten Saison 2017 eine richtig gute Ernte.

Enno Glantz aus Dellingdorf strahlt verhalten: „Das ist eine ganz andere Situation als im letzten Jahr!“ Das vergangene Jahr war für Glantz und seine Kollegen vom Obstbau eines der schwärzesten.

Spargel entgiftet. Vor allem aber schmeckt er gut.  
Bei Erdbeeren kommt es zu großen Schwankungen in der Qualität und beim Preis. Sauer und teuer ist ebenso möglich wie süß und günstig.  FOTO: ARTO_FOTOLIA.COM
Bei Erdbeeren kommt es zu großen Schwankungen in der Qualität und beim Preis. Sauer und teuer ist ebenso möglich wie süß und günstig.  FOTO: ARTO_FOTOLIA.COM
Starker Frost hatte einen Großte i l der Blüte seiner Erdbeerpflanzen zerstört. Die Ernte fiel mager aus. Dieses Jahr dagegen ist ein besonderes Jahr. Kein Frost, kein Unwetter, viel Sonne, wenig Regen – fast beste Zutaten für die perfekte Erdbeere. Ende Mai fürchtete Glantz allerdings schon wieder zu viel Hitze. „Die Erdbeeren sind in diesem Jahr kleinfruchtiger“, so der Erdbeermann in zweiter Generation. Die geringere Größe komme aber dem Geschmack zugute. 160 Stände bieten Glantz’ Früchte hamburgweit an. „Ich bleibe optimistisch“, so Glantz trotz weiter steigender Temperaturen Ende Mai.
Gemüse und Kräuter
SPARGEL-FOTO: KAREPA_FOTOLIA.COM
Während das Thema Erdbeeren recht zügig behandelt werden kann, können beim Spargel ganze Regalmeter mit Büchern gefüllt werden. Nur um wenige Kulturgeschichten von Nahrungsmitteln ranken sich so viele Geschichten wie um den Spargel.

Und: Die Deutschen lieben Spargel, die Saison wird immer weiter ausgedehnt, geche Speisekarte besteht nur noch aus blassen Gemüsegerichten. Muss man wirklich Jahr für Jahr heftiger ausrasten? Vom Spargel – dem „Glühwein des Frühjahrs“ schrieb einmal eine überregionale Tageszeitung. Wo es um Spargel gehe, brennen in Gourmetdeutschland regelmäßig alle Sicherungen durch. 

Glantz-Erdbeerstand in Blankenese: kleinere Früchte, mehr Süße 
Glantz-Erdbeerstand in Blankenese: kleinere Früchte, mehr Süße 
Natalie Gideon vom Blankeneser Fischhus beißt am Elbufer in ein Fischbrötchen
Natalie Gideon vom Blankeneser Fischhus beißt am Elbufer in ein Fischbrötchen
Welches Ausmaß das annehmen kann, zeigt sich immer wieder Anfang Mai. Berichtet wird von einem ganz besonderen Fall von Begeisterung. Da wollte ein Immobilienunternehmer im brandenburgischen Beelitz auf sein Wohnungsprojekt aufmerksam machen. Um möglichst viele Leute auf das runtergerockte Baugelände einer ehemaligen DDR-Frauenheilanstalt zu locken, lud der Mann auf Facebook ein. Aber nicht zur Besichtigung, sondern „im Zeichen des königlichsten aller Gemüse“, zur Spargelparty im alten Krankenhaus. 
Kiemen entfernt, teilweise ausgenommen. 
Nach wenigen Stunden hatte er fast doppelt so viele Zusagen wie Beelitz Einwohner: 20.000. Die Spargelzeit endet traditionell an einem bestimmten Termin, dem Johannistag am 24. Juni, danach muss man den Spargel in Ruhe lassen, damit er fürs nächste Jahr durchwachsen kann.

Obst und Fisch
ERDBEER-FOTO: GITUSIK_FOTOLIA.COM, MATJES-FOTO: WOMUE_FOTOLIA.COM
Wie der Advent beginnt auch die Spargelsaison immer früher. Das liegt nicht nur an Ware aus Griechenland, Israel oder Spanien, sondern auch daran, dass Spargelbauern ihre Felder gern mit Heizschlangen erwärmen, damit die Stangen bereits ab März im Supermarkt liegen können. Der Spargel selbst ist nun der Glühwein des Frühjahrs. Zu den gefeierten Frühjahrsboten zählt heute auch der Matjes. Sterne- und andere Köche begrüßen den zarten Hering als ginge es um eine Königshochzeit. Fernsehkameras werden in Stellung gebracht, Fotografen kämpfen um die besten Plätze, wenn mit einem Fässchen Matjes symbolisch die Saison eröffnet wird.

Annika Wede, Volker Andersen und Birte Konopka stehen mittwochs am Vormittag in Blankenese, am Nachmittag in Ottensen 
Annika Wede, Volker Andersen und Birte Konopka stehen mittwochs am Vormittag in Blankenese, am Nachmittag in Ottensen 
Kenner unterscheiden zwischen holländischem und Glückstädter Matjes. Georgios Karanikolas vom Blankeneser Fischgeschäft Breckwoldt blickt auf 22 Jahre Erfahrung bei Hummer Pedersen zurück. Er ist überzeugt von der Qualität der holländischen Matjes. „Ich bin überzeugt, dass sie besser sind als andere.“

Im Juni kommt der Matjes. Hier wird er im Juni 2017 zünftig mit dem Schiff im Museumshafen Övelgönne angelandet. 
Im Juni kommt der Matjes. Hier wird er im Juni 2017 zünftig mit dem Schiff im Museumshafen Övelgönne angelandet. 
Ganze Matjes, frisch aus dem Fass Matjes sind besonders milde. Sie wurden vor Erreichen der Geschlechtsreife verarbeitet und mit traditionellen Verfahren durch fischeigene Enzyme in einer Salzlake gereift. Der ursprüngliche Herstellungsprozess wurde im Mittelalter in den Niederlanden entwickelt. Als „Holländischer Matjes“ ist es als eine garantiert traditionelle Spezialität registriert. Der Matjes hat einen relativ hohen Fettgehalt (über 15 Prozent) und Rogen oder Milch sind noch nicht ausgebildet. Durch einen Kehlschnitt werden die Kiemen entfernt und der Hering teilweise ausgenommen; Teile des Darms und insbesondere die enzymhaltige Bauchspeicheldrüse verbleiben im Fisch. Anschließend werden die Heringe in einer Salzlake für ungefähr fünf Tage eingelegt, traditionell in Eichenfässern. Die Enzyme der Bauchspeicheldrüse fermentieren das Matjesfleisch teilweise, was als „Reifung“ der Matjes verstanden wird. Das ohnehin gut verdauliche Fischeiweiß wird dadurch noch leichter verdaulich. Gode Eetlost!

Autor: helmut.schwalbach(at)kloenschnack.de

Rindchen´s Weinkontor - Kontor Groß Flottbek

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