2. März 2017
Magazin

„Ich bin ein Vagabund“

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UNTERNEHMER DES MONATS  

„Ich bin ein Vagabund“

Hamburger Musikverlag

Michael Haentjes ist Gründer und Alleinvorstand der Edel AG. Und er ist Weltenbummler und Konzertliebhaber. Jetzt bereitet er die Übergabe des Unternehmens an Sohn Jonas vor.

Michael Haentjes mit Sohn Jonas, seinem künftigen Nachfolger in der Edel AG. FOTO: BENJAMIN EICHELMANN
Michael Haentjes mit Sohn Jonas, seinem künftigen Nachfolger in der Edel AG. FOTO: BENJAMIN EICHELMANN
Ein Gespräch mit Michael Haentjes ist wie eine kurze Reise um den Globus. Sie beginnt in Hamburg in einer Blankeneser Villa mit Blick auf die Elbe. Der parkähnliche Garten erstreckt sich terrassenförmig in südliche Richtung. In den meterhohen Räumen mit Kassettendecken hängen riesige Gemälde, ein Flügel vor den bodentiefen Fenstern rundet das Bild ab. Modezar Karl Lagerfeld hatte hier sein Hamburger Domizil Mitte der neunziger Jahre. Heute gehört die Villa Michael Haentjes, Gründer und Alleinvorstand der Edel AG. Der 61-Jährige bezeichnet sich selbst als „Vagabunden“. Er ist überall und nirgendwo zu Hause. „Ich bin ein Reiseonkel“, sagt Michael Haentjes. Im Januar war er in der Dominikanischen Republik, um ein Haus zu sanieren. Mexiko, Sri Lanka, Israel und Moskau sind nur einige der Stationen, an denen Michael Haentjes in den nächsten Monaten Halt macht. Die meisten Wochenenden des Jahres verbringt er in seinem Haus am Comer See in Italien. In Hamburg, wo der Sitz seines Unternehmens ist, lenkt er die Firmengeschäfte.

Mit dem Oldtimer von Kapstadt zu den Victoriafällen

Die Edel AG beschäftigt rund 1.000 Mitarbeiter und macht 180 Millionen Euro Jahresumsatz. „Wir sind ein kleiner Player“, sagt Michael Haentjes bescheiden. Und doch hat er aus eigener Kraft das größte unabhängige Musikunternehmen Europas aufgebaut. Die Edel AG vertreibt und vermarktet Musik und Künstler aller Stilrichtungen, von Pop über Rock bis zur Klassik. Auch im Geschäft der Streamingdienste mischt die Edel AG mit: „Wir nehmen mit unserer Tochter Kontor New Media Label unter Vertrag und vertreten diese gegenüber Digitalanbietern wie Spotify“, so Michael Haentjes. „Das wird häufig unterschätzt – aber die komplette Abwicklung ist mit viel Arbeit und großen Server-Kapazitäten verbunden.“ Auch die Herstellung von Büchern, CDs, DVDs und Schallplatten, die seit einigen Jahren boomen, ist ein Geschäftszweig der Edel AG.

Seit einem Jahr zieht sich Michael Haentjes langsam aus dem Tagesgeschäft zurück: „Meine anderen Interessen werden immer größer“, sagt er. Die anderen Interessen – das sind Oldtimer sammeln und fremde Länder bereisen. Im Idealfall kombiniert er beides. So überführt Michael Haentjes im Mai einen Oldtimer für seinen Wohnsitz auf Sansibar von Kapstadt bis zu den Victoriafällen. Wo auch immer Michael Haentjes gerade verweilt, ist er niemals tatenlos: „Auf Sansibar verarbeite und vertreibe ich Gewürze. Und ich habe weitere Pläne dort.“ Er selbst bezeichnet seinen Tatendrang als eine Mischung aus Übermut und Lust auf Abwechslung: „Wenn es dem Esel zu wohl ist, geht er aufs Eis tanzen“, zitiert er ein Sprichwort.

In fünf Jahren soll Sohn Jonas die Firma übernehmen

Das Sprichwort zieht sich wie ein roter Faden durch das Leben von Michael Haentjes. Nach dem Studium der Musikwissenschaften arbeitete Michael Haentjes ein Jahr als Lehrer am Gymnasium: „Ich habe schnell Michael Haentjes mit Sohn Jonas, seinem künftigen Nachfolger in der Edel AG Hamburger Musikverlag „Ich bin ein Vagabund“ Michael Haentjes ist Gründer und Alleinvorstand der Edel AG. Und er ist Weltenbummler und Konzertliebhaber. Jetzt bereitet er die Übergabe des Unternehmens an Sohn Jonas vor. entdeckt, dass es nicht das Richtige für mich ist“, so der gebürtige Kölner. Nach Stationen als Redakteur bei einem Fachmagazin für Musik und als Manager bei den Musikkonzernen Warner und Teldec machte sich Michael Haentjes selbstständig. Er begann mit einem Postversand für Soundtrack Schallplatten. „Die ersten zwei Jahre waren sehr, sehr hart“, erinnert sich Michael Haentjes. „Nach drei Jahren dann konnte ich endlich den Kopf aus dem Wasser strecken.“

Eine drohende Firmenpleite vor 15 Jahren konnte er abwenden, sodass er das Unternehmen demnächst seinem ältesten Sohn Jonas übergeben kann. „Das war nie geplant und hat sich zufällig ergeben“, so Michael Haentjes. Der 31-Jährige hat nach dem Abschluss des Medizinstudiums bei unterschiedlichen Unternehmensberatungen gearbeitet. „Dort hat Jonas das wirtschaftliche Rüstzeug bekommen“, so der Vater. Das kann er bei der Edel AG als Verantwortlicher für die Unternehmensentwicklung gut gebrauchen. Der Plan ist, dass Jonas Haentjes binnen fünf Jahren den Posten seines Vaters übernimmt. „Jonas ist stark naturwissenschaftlich interessiert, beherrscht aber auch die kulturelle Bandbreite.“

Stammgast in der Elbphilharmonie

Sohn Jonas war es auch, der Michael Haentjes das Angebot von Streamingdiensten versucht hat schmackhaft zu machen: „Er hat mir ein Spotify-Abo geschenkt“, erzählt Michael Haentjes. „Ich war einige Tage lang begeistert und habe alles durchgehört, was ich von früher kannte.“ Doch die Begeisterung verflog schnell. „Ich höre immer noch am ehesten meine CDs.“ Es geht jedoch nichts über das Erlebnis von Live-Musik. Ob Pop, ob Jazz, ob Klassik.

Für ein gutes Konzert ist Michael Haentjes kein Weg zu weit: „Ich war zuletzt bei Deep Purple in Genua. Demnächst fahre ich nach Zürich zu Ennio Morricone“, schwärmt er. Und auch in Hamburg ist Michael Haentjes regelmäßiger Konzertgast. Drei Mal war er schon in der Elbphilharmonie. Weitere Besuche hat er selbstverständlich schon geplant …
 
Unternehmens-Auftritt: 

www.edel.com


Autorin: cristina.prinz(at)kloenschnack.de

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