2. März 2018
Magazin

Für das Leben Sinn gewinnen!

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MEINE MEINUNG

Für das Leben Sinn gewinnen! 

Frie Bräsen. Fasten 

In der Osterzeit üben viele Menschen Verzicht. Die Fastenzeit setzt hierzu den Rahmen. 
In der Osterzeit üben viele Menschen Verzicht. Die Fastenzeit setzt hierzu den Rahmen. 
Sinn und Zweck des österlichen Fastens erkundet Frie Bräsen, Probst im Kirchenkreis Hamburg-West/Südholstein. Fasten als Gewinn und Besinnung auf wesentliche Aspekte des Lebens.  

Seit dem Aschermittwoch begehen Christen in den Kirchen die Passionszeit. Im Mittelpunkt steht die Leidensgeschichte von Jesus. Manche Gemeinden feiern jede Woche eine besondere Passionsandacht, um jeweils einen Abschnitt der Geschichte besonders zu bedenken. Andere bieten Kreuzwege an mit den Stationen des Leidensweges. Es sind fast sieben Wochen mit dem Höhepunkt am sogenannten Karfreitag (Kar = Klage oder Trauer). Traditionell wird diese Zeit vor Ostern als eine Fastenzeit begangen. Und in den letzten Jahren ist das Fasten von vielen wieder neu entdeckt worden, zum einen als eine Form, der Gesundheit von Leib und Seele mehr Raum zu geben. Zum anderen aber auch, weil das Fasten eine wichtige Wirkung auf das Bewusstsein entfaltet.

Fasten bedeutet Verzicht auf liebgewordene Angewohnheiten, oft mit Genuss verbunden, wie essen, trinken, naschen, rauchen, fernsehen, im internet surfen usw. Fasten in der Passionszeit ist vor allem die Übung, von sich selber und dem eigenen Lebensstil einen Abstand zu gewinnen.

Das Fasten verfolgt im christlichen Kontext keinen Selbstzweck; mit Abstand wird nicht nur das Selbst betrachtet, sondern auch Gott, der in Jesus Christus Mensch wird. Und dieser Weg des Göttlichen auf unserer Erde führt durch Höhen und Tiefen, durch Freudiges und Trauriges, durch Heilung und Leiden, durch Schuld und Vergebung, durch Leben und durch Tod – Jesus begleitet Menschen durch alle Farben des Lebens und führt selber dieses Leben als Mensch bis in die letzte Konsequenz. Das Leiden und der Tod sind keine Schönheitsfehler eines unvollkommenen Lebens, sondern sie sind fester Bestandteil und gehören dazu. Wenn Leiden und Tod erfahren werden, ist es eine große Herausforderung für jede und jeden, dies anzunehmen, ohne den Glauben zu verlieren, dass das Lebendige die bestimmende Kraft ist und bleibt, auch wenn es in den Grenzerfahrungen anders scheint. 

Frie Bräsen:

„Das Leiden und der Tod sind keine Schönheitsfehler eines unvollkommenen Lebens, sondern sie sind fester Bestandteil …“

Gerade in solchen Grenzerfahrungen können wir uns sehr verlassen fühlen, weil wir den Sinn nicht erkennen, weil wir das nicht gerecht finden, weil wir es nicht für möglich halten, dass Gott das zulassen kann. Wir versuchen immer wieder, Leid zu erklären, aber es ist letztlich nicht zu erklären! Sinn heißt nicht eine Erklärung parat zu haben, sondern Sinn bedeutet, im Höheren Geborgenheit zu finden, sich mit allen Fragen und Klagen anvertrauen zu können. Anvertrauen einem Gott, der die Erfahrungen menschlichen Lebens teilt, der auch dem Leid und der Gewalt des Lebens nicht aus dem Weg geht. Da gewinnt das, was wir Weihnachten feiern seinen tiefsten Sinn.

In Zeiten der Kirchen- und Theologiegeschichte wurde der Tod Jesu als Opfertod für die Sünde der Menschen erklärt, als habe Gott ein solches Opfer zur Wiedergutmachung nötig, als müsse ein Opfer den Ausgleich herstellen zwischen dem guten Gott und dem bösen Menschen. Diese Erklärung des Kreuzes stützt sich aus meiner Sicht eher auf ganz menschliches Gerechtigkeitsverständnis, das auf Ausgleich und Wiedergutmachung basiert und mit einer gehörigen Portion von Rache und Vergeltung einhergeht. Das Grundverständnis von Gottes Nähe zu den Menschen erschließt sich aber durch Vergebung und Gnade, so auch sein Tod am Kreuz. „Jesus ist für uns Menschen gestorben!“ Wenn der Satz seine Richtigkeit hat, dann in dem Sinn, dass damit seine liebevolle Zuwendung in ihrem vollen Ernst offenbar wird.

Und doch bedeutet das Kreuz auch eine Offenlegung der Widersprüchlichkeit unseres Lebens, wir sind nicht nur Leidtragende, sondern wir sind auch solche, die anderen Leid zufügen. Wir brauchen Vergebung, die wir anderen schenken und die wir für uns selber annehmen können. Wir versuchen, einen guten Eindruck zu machen, mühen uns, gut zu sein, und verdecken damit unsere Grenzen und unsere Unzulänglichkeiten. Die Betrachtung der Leidensgeschichte Jesu will uns nicht anklagen, sondern uns ermutigen, ehrlich mit uns selber zu sein, uns selber zu betrachten und nicht anklagend mit Fingern auf andere zu zeigen. Das Fasten schafft Abstand und hilft so, zu einer nüchternen Betrachtung des eigenen Lebens zu gelangen, um Sinn neu zu gewinnen. Frie Bräsen 

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