FLÜCHTLINGE
Ein „internationales Quartier“?
Protest in Rissen
Geht es nach den vielen hundert Rissener Bürgern, dann kann die Verwaltung ihre Neubaupläne zur Einquartierung von Flüchtlingen beerdigen. Das machten kürzlich zwei Diskussionen in Rissen deutlich. Zunächst hatte die lokale CDU, mit der Blankeneser Bürgerschaftsabgeordneten Karin Prien an der Spitze, in die Schule Marschweg eingeladen. Schon an diesem Abend zeichnete sich ab, was Altonas Verwaltung und den bezirklichen Stadtplanungsausschuss in der öffentlichen Sitzung zwei Wochen später erwarten würde.
Wie schon am Marschweg fanden auch in der Aula der Schule Iserbarg viele Diskussionswillige keinen Platz und mussten draußen bleiben.
Skepsis und Wut
Zahllose Rissener melden sich zu Wort, tragen ihre Skepsis und Bedenken vor, warnen vor einer „Überforderung des Stadtteils“. Zuvor hatte die Altonaer Verwaltung ihre modifizierten Plan präsentiert. Dabei nannte Hamburgs erster Flüchtlingskoordinator, Anselm Sprandel, zu erwartende Flüchtlingszahlen und warnte: „Wenn wir nicht ausreichend Wohnungen bauen, schaffen wir Obdachlosigkeit“. Auch Bezirksamtleiterin Liane Melzer und Altonas Stadt- und Landschaftsplaner Frank Conrad werben unverdrossen für den bezirklichen Plan. Danach sollen entgegen dem ursprünglichen Plan nicht 800 Wohnungen für jeweils fünf Personen gebaut werden, sondern nur 413 für Flüchtlinge und weitere 160 Mietwohungen für Hamburger. Besonders Conrad setzt sich für dieses „internationale Qurtier“ ein. Dabei spricht er eine Warnung aus, die auch von anderen Würdenträgern an diesem Abend häufiger zu hören ist: „Es besteht die Gefahr, dass andere entscheiden.“
Bei allen Beiträgen wird deutlich, dass nur ganz wenige Rissener etwas gegen Flüchtlinge haben. Nur ein einziger warnt vor Salafisten und „Invasoren“. Missliebiges und ausschweifende Beiträge unterbindet der Diskussionsleiter und Vorsitzende des Stadtplanungsausschusses Henrik Strate (SPD) streng. Auch andere Diskussionsteilnehmer in der Aula sind nicht willens, jeden Standpunkt anzuhören. Mit Pfiffen und Johlen zeigen sie ihr Missfallen.
Ist es tatsächlich so, oder ist eine aus Südafrika stammende Rissnerin die einzige, die sich um den Wert ihrer Immobilie sorgt? Der Applaus lässt anderes vermuten. „Wieviel Wert verliert mein Haus?“, so die Frau mit dem Bonus einer von weither Zugereisten.
Vehementer wird ein von Buchwaldt. „Es ist eine große Frechheit, wie Sie hier auftreten. Sie wohnen hier nicht und verschließen die Augen. Dieses Konzept wird abgelehnt.“ Ein anderer Diskussionsteilnehmer erzählt von seiner Tochter, die seit zwei Jahren in einem Container unterichtet werde. Wie die Integration Hunderter von Kindern gelinge könne, fragen sich da viele Zuhörer – und lachen.
Erfreulich, dass die Diskussionsleitung den Kommunalpolitikern ganz zum Schluss lediglich drei Minuten Redezeit eingeräumt hat. Für die lokale SPD erklärt Thomas Adrian, dass seine Fraktion in der Verteilung von Flüchtlingen nicht mit dem Hamburger Senat einer Meinung sei. 400 Wohnungen seien verkraftbar. Uwe Sczeszny, CDU-Fraktionschef im Altonaer Rathaus, fürchtet, dass eine „Konzentration von Flüchtlingen keine Integration“ zulasse. Nach Grünen, FDP und Linken greift dann noch ein AfD-Mann zum Mikro.
Doch da verlassen die Rissener bereits die Aula.
Autor: helmut.schwalbach(at)kloenschnack.de