1. Februar 2016
Magazin

Chance für kulturelle Vielfalt

<div general-layout-selector="#html_structura_area_v2

INTERVIEW

Chance für kulturelle Vielfalt

Fragen an: Marcus Weinbergr

CDU-Bundestagsabgeordneter Marcus Weinberg FOTO: DR. BORWIN LUETH
CDU-Bundestagsabgeordneter Marcus Weinberg FOTO: DR. BORWIN LUETH
Neben vielen Kritikern aus allen großen Parteien stehen christdemokratische Regierungsmitglieder und Abgeordnete des Bundestages wie Marcus Weinberg fest an der Seite von Angela Merkel.

Herr Weinberg, wie stehen Sie zur Flüchtlingspolitik der Bundeskanzlerin?

Die Bewältigung des Flüchtlingsstroms ist eine der größten gesellschaftlichen Herausforderungen der Nachkriegszeit. Es ist unsere humanitäre und christlich-moralische Pflicht, Menschen, die vor Tod und Verfolgung fliehen, Schutz zu gewähren. Aber es gibt auch Grenzen der Aufnahmefähigkeit. Moralischer Anspruch und rechtsstaatliches Handeln gehören dabei unabdingbar zusammen. Wir müssen die Flüchtlingszahl auch im Rahmen einer europäischen Lösung zukünftig deutlich reduzieren. Bei diesem schwierigen Weg hat Angela Merkel meine volle Unterstützung.

Wird sich die Kanzlerin im Amt halten können? 

Davon bin ich überzeugt. Ihre ruhige und überlegte Herangehensweise der kleinen Schritte mag einigen zu zögerlich erscheinen. Doch genau diese Ruhe und Besonnenheit brauchen Deutschland und Europa heute, Schnellschüsse oder unüberlegte oder unrealistische Handlungen sind ihre Sache nicht – zum Glück! Die heutige Stärke unseres Landes ist auch das Ergebnis von zehn Jahren Politik Angela Merkels. Das sehen im Übrigen auch ihre Kritiker so.

Wie beurteilen Sie die Situation im Land, insbesondere nach den Ereignissen in der Silvesternacht in Köln und auch in Hamburg?

Köln war eine Zäsur! Es muss klar gelten: Die Frauenrechte und das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung sind zentraler Bestandteil unseres Rechtssystems und unserer Gesellschaftsordnung. Diese Rechte sind nicht verhandelbar oder kulturbedingt zu relativieren. Und: Asylbewerber, die in Deutschland straffällig werden, müssen abgeschoben werden.

„Eine christlich-moralische Pflicht, Schutz zu gewähren“

Flüchtlingsunterkunft am Holmbrook in Othmarschen
Flüchtlingsunterkunft am Holmbrook in Othmarschen
Wie sehen Sie den Aufstieg der AfD in den Umfragewerten?

Die Flüchtlingskrise polarisiert zunehmend die deutsche Gesellschaft. Die undifferenzierte Argumentation und der teilweise hässliche Ton der Debatte machen mir Sorgen. Die AfD befeuert dieses und bedient Sehnsüchte nach der vermeintlich heilen alten Welt gepaart mit nationalen Parolen. Lösungen hat sie keine. Doch es gilt auch: Wir müssen Erfolge liefern, wollen wir den Aufstieg der Populisten verhindern.

Wie stark gefährdet das Thema Flüchtlinge die Große Koalition?

Beim Ziel der Reduzierung des Flüchtlingszuzuges sind sich alle einig. Die große Koalition ist im Kern stabil und handlungsfähig, auch wenn CSU und SPD gelegentlich mit ihren Flügeln schlagen. Wir haben mit deutlichen Verschärfungen im Asyl- und Ausländerrecht auf den Zustrom reagiert. Erste Erfolge wie die Zunahme der Abschiebungen oder der Rückgang des Zustroms aus sicheren Balkanstaaten sind erkennbar.

Wie schätzen Sie die Lage hinsichtlich der Unterbringung von Flüchtlingen in Hamburg, dem Hamburger Westen im Besonderen, ein?

Eine frühzeitige und breite Bürgerbeteiligung ist bei allem unverzichtbar. Die Menschen gerade im Westen helfen und wollen helfen, sie dürfen nur nicht mit unabgestimmten Beschlüssen des Senates vor den Kopf gestoßen werden. In Rissen konnte man erleben, wie Menschen reagieren, wenn an ihnen vorbei Dinge beschlossen werden, die zudem nicht umsetzbar sind. Der in Hamburg gelungene Drittel-Mix im Wohnungsbau sollte auch bei der Unterbringung von Flüchtlingen angewandt werden, da dies zu einer besseren Durchmischung der Wohnquartiere und einer besseren Integration führt. Wir dürfen die städtebaulichen Fehler der Vergangenheit nicht wiederholen. Kleinere, auf das Stadtgebiet verteilte Wohneinheiten für Flüchtlinge sind immer besser als große monolithische Blöcke, in denen sich Parallelgesellschaften entwickeln.

Wagen Sie eine Prognose, wie wird sich Deutschland durch den Zustrom so vieler Flüchtlinge verändern?

Deutschland wird sich weiter verändern. Das ist auch eine Chance für kulturelle und gesellschaftliche Vielfalt. Die Flüchtlinge, die hier bleiben und Deutschland als neue Heimat annehmen, müssen sich schnellstmöglich integrieren. Hier sollte es keine halbherzigen Kompromisse geben. Wir brauchen klare Integrationsvereinbarungen, die auch sanktionsbewehrt sind. Die Akzeptanz unserer Rechtsordnung und unseres kulturellen Wertekanons ist für die Integration unverzichtbar.

Fragen: helmut.schwalbach(at)kloenschnack.de

www.marcusweinberg.de

Auto Wichert GmbH
Grossmann & Berger

Auch interessant