1. Juni 2018
Magazin

„Nicht verstecken!“

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MENSCH DES MONATS

„Nicht verstecken!“

Leena Molander & Dörthe Bräuner von Kindesglück & Lebenskunst e.V.

Der Verein „Kindesglück & Lebenskunst“ aus Wedel unterstützt Familien in schweren Lebenskrisen. Was wirklich in der Not hilft und warum es wichtig ist, ein Auge auf die Kinder zu haben, wissen die Gründerinnen.

Leena Molander und Dörthe Bräuner helfen Familien, in denen ein Elternteil an Krebs erkrankt ist
Leena Molander und Dörthe Bräuner helfen Familien, in denen ein Elternteil an Krebs erkrankt ist
Dörthe Bräuner: „Der Verein ist unser Herzensprojekt“

Diagnose Krebs: Leena Molander und Dörthe Bräuner kennen das Gefühl, wenn der Arzt einem diese niederschmetternde Mitteilung macht.

2006 erkrankten die beiden Holmerinnen an Krebs. „Schnell merkten wir, dass wir uns mit anderen Betroffenen austauschen wollten“, so Dörthe Bräuner. „Wir waren DAS Gesprächsthema im Dorf, aber niemand hat direkt mit uns gesprochen, das macht einsam“, ergänzt Leena Molander. Die beiden Frauen machten aus ihrer Not eine Tugend. 2007 gründeten sie eine Selbsthilfegruppe. Daraus erwuchs der Verein „Kindesglück & Lebenskunst“ in Wedel.

„Unser Antrieb für den Aufbau des Vereins war, dass es Betroffene gibt, die keine große Familie haben, die sie unterstützt. Deswegen haben wir das Patenprojekt aufgebaut.“ Der Verein hilft heute Familien, in denen ein Elternteil schwer erkrankt ist.

Den Schwerpunkt bilden die Familienpaten. Rund acht Ehrenamtliche, darunter auch zwei Männer, gehen in die Familien und sind bei der Kinderbetreuung behilflich. Bräuner erklärt die Situation: „Da ist plötzlich keiner mehr, der liebevoll die Frühstücksbrote schmiert, der für Verabredungen am Nachmittag sorgt oder einfach da ist und zuhört.“ Molander sagt: „Häufig wenden sich Elternteile an uns, weil sie mitten in der Behandlung stecken – und körperlich am Ende sind“, so Bräuner.

Darunter leiden nicht nur die Eltern. „Die Kinder spüren natürlich, dass da was passiert. Für sie ist das oft deutlich, wenn Vater oder Mutter nicht mehr zur Arbeit geht und plötzlich die Haare verliert“, erzählt Molander betroffen.

„Plötzlich schmiert keiner mehr das Frühstücksbrot“

Die Paten bauen ein Vertrauensverhältnis zu den Kindern auf, damit sie ohne Zwang, von alleine über ihre Gefühle sprechen. Die Gründerinnen wissen: „Ein Kind braucht nicht das ganze Krankheitsbild kennen, es reicht, wenn seine wichtigsten Fragen beantwortet werden, wie: Wann kann Mama wieder Nudeln mit Tomaten – soße machen? Wann lesen wir wieder gemeinsam ein Buch? Können wir zusammen Geburtstag feiern?“

Die Kinder lernen ihre Gefühle zu verstecken, denn ihr Umfeld reagiert oft sprachlos auf diese Lebenskrise. Molander weiß: „Sich nicht verstellen, einfach mal traurig sein dürfen – das ist wichtig!“

Deswegen bietet der Verein ergänzend zu den Paten auch zwei Kinder- und Jugendgruppen zur Stärkung der Ressourcen und zur Neustrukturierung des veränderten Alltags an. Abgerundet wird das begleitende Angebot von einer Kunstgruppe. „Hier können sie ihren Gefühlen kreativ Raum geben und müssen sich nicht verstecken.“

Wenn absehbar ist, dass der Patient im Sterben liegt, bietet der Verein die sogenannte „Farewell-Begleitung“ an. Dabei geht der Pate als Trauerbegleiter in die Familie und unterstützt sie beim Abschiednehmen.

Auch gibt es Trauergruppen für Kinder und Erwachsene für die schwere Zeit danach. Geplant ist auch eine Trauer-Kunsttherapiegruppe, aber da fehlt es noch an Spenden. Bräuner sagt abschließend: „Wir möchten die Menschen ermutigen, uns zu kontaktieren. Die Eltern, die sich Hilfe holen, agieren sehr verantwortungsvoll – das erfordert Mut.“ Der Verein bietet lebensnahe Unterstützung auf Zeit an. „Denn es ist okay, bei Kraftlosigkeit Hilfe anzunehmen.“


Autorin: anna-lena.walter(at)kloenschnack.de

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