2. November 2015
Magazin

„Ganz nahe an den Menschen“

<div general-layout-selector="#html_structura_area_v2

INTERVIEW DES MONATS  

„Ganz nahe an den Menschen“

Sagen Sie mal …
Anke Harnack, Journalistin und Moderatorin

Journalistin oder Entertainerin? Moderatorin Anke Harnack möchte unterhaltsam die Welt erklären. Im Interview spricht sie über Humor im Job, was sie im TV nervt und zeigt auch ihre ernste Seite.

Anke Harnack in der KLÖNSCHNACK-Redaktion
Anke Harnack in der KLÖNSCHNACK-Redaktion
Sie sind seit 2013 die Stimme der Hochbahn. Laut dieser nutzen jährlich 431 Millionen Menschen die U-Bahn in Hamburg. Was geht Ihnen dabei durch den Kopf?

Aufregend! Ich verkünde zwar keine weltbewegenden Botschaften, aber ich weiß, unfassbar viele Menschen hören meine Stimme jeden Tag – und sind hoffentlich nicht genervt.

Das kann ich mir nicht vorstellen!

(Lacht) Ich bin da uneitel, wenn mich jemand nicht hören oder sehen mag, ist das total okay. Aber wenn das der Fall ist, hat er es schwer, mir auszuweichen, weil ich im Radio, Fernsehen und in der U-Bahn zu hören bin. Es gibt ja auch Menschen, die können es nicht ab, wenn jemand im TV lacht. Die möchten lieber ernste Nachrichtensprecher sehen. Das kann ich nicht bieten.

Sie moderieren den Nachmittag bei NDR 90,3 und sind für das Hamburg Journal unterwegs. Sehen Sie sich mehr als Journalistin oder als Entertainerin?

Ich arbeite ausdrücklich nicht als investigative Journalistin, ich verstehe mich als Moderatorin. Im besten Fall bin ich Welt- oder Stadterklärerin und Unterhalterin. Deswegen darf, wenn der Anlass es erlaubt, auch beispielsweise der erste Bürgermeister Hamburgs in einem Gespräch mit mir mal lachen. Unter uns: Es ist mein persönlicher Ehrgeiz, unseren sehr hanseatischen Bürgermeister zum Lachen zu bringen.

Ihre Devise lautet also mit Spaß die Welt erklären?

Mein Anspruch ist, den Menschen ein Thema gut zu erklären und entsprechend nachzufragen. Ich informiere die Menschen lieber, als dass ich extrem kritisch hinterfrage, schließlich arbeite ich nicht bei Panorama, sondern beim Regionalmagazin Hamburg Journal.

Wie läuft ein ganz normaler Arbeitstag beim Fernsehen ab?

Die Redaktion bestimmt zunächst die Themen, dann überlegen sich die Kollegen wohin wir gehen und was wir da machen. Natürlich wird immer ein Schwerpunkt festgelegt. Auch die Gesprächspartner lerne ich vor dem Dreh kurz kennen.

Ist Ihnen bei einem Interview schon mal was richtig Peinliches passiert?

Oh ja! Vorweg muss ich sagen, ich arbeite ohne Karten – die bringen mich durch den Tüddel. Vor einiger Zeit habe ich den Geschäftsführer der Hamburger Olympia-Bewerbungsgesellschaft Nikolas Hill interviewt. Während des gesamten Gesprächs habe ich ihn Herrn Graf genannt – keine Ahnung warum …

„Im besten Fall bin ich Weltoder Stadterklärerin“

Anke Harnack im Gespräch mit KLÖNSCHNACK-Redakteurin Anna-Lena Walter
Anke Harnack im Gespräch mit KLÖNSCHNACK-Redakteurin Anna-Lena Walter
Und wie ist die Geschichte ausgegangen?

Herr Hill war so höflich und hat mich während der Sendung nicht korrigiert. Erst danach kam er auf mich zu und sagte: „Sie haben mich geadelt.“ Ich war natürlich überrascht und fragte ihn, warum. Erst da bemerkte ich meinen Fehler! Das ist natürlich peinlich und unangenehm, aber es ist mir trotzdem lieber, als von Karten abzulesen. Ich habe mich natürlich bei ihm entschuldigt und ich denke, er trägt mir diesen Fauxpas nicht nach.

Schauen Sie privat Fernsehen oder greifen Sie nach der Arbeit lieber zu einem Buch?

Ich steige klassisch mit der Tagesschau in den Fernsehabend ein. Danach zappe ich mich durch die öffentlich-rechtlichen Fernsehsender. Das journalistische Angebot überzeugt mich da einfach am meisten. Die übernehmen für mich das Erklären der Welt. Das erwarte ich einfach von den Medien.

Erfüllen Ihrer Meinung nach die Privatsender diese Kriterien?

Nein, ich schaue ausgewählt Fernsehen. Trash-Formate sind für mich geklaute Zeit. Zwar bewundere ich, dass die Privatsender sich oft was trauen und ausprobieren, aber ich bin eine Verfechterin des alten Systems. Was die öffentlich-rechtlichen Fernsehsender anbieten, hat Hand und Fuß. Sie zeigen Spielfilme mit einer aktuellen Brisanz und Talkrunden erklären, sortieren und ordnen Themen noch mal anders ein. Auch nervt mich – ganz banal – die Werbung auf den Privatsendern.

Was denken Sie, als gelernte Wirtschaftsjuristin, darüber, dass auch die öffentlichrechtlichen Fernsehsender Werbeunterbrechungen eingeführt haben?

(Lacht) Nach 20 Uhr zeigen die Öffentlichen keine Werbung und das entspricht meinen Bedürfnissen. Werbefinanzierung ist aber ausdrücklich zugelassen im Rundfunkstaatsvertrag. Bei aller Kritik halte ich das duale System für klug.

Ich sehe auch das Ende des öffentlich-rechtlichen Fernsehens nicht. Klar muss man kritisch hinterfragen, was Fernsehen leisten soll, aber wir haben nicht nur einen Bildungsauftrag, wir sollen auch unterhalten.

Apropos unterhalten: Reden und entertainen ist Ihr Job, aber Sie treffen auch mal ganz ernste Töne …

Stimmt. Ich möchte mit meinen Möglichkeiten auf Themen aufmerksam machen – egal wie klein oder groß diese auch sein mögen. Journalisten sind auch Netzwerker und Anstifter. Wir sind einfach mehr als Sabbeltaschen, wir können helfen.

Was bewegt Sie momentan besonders?

Mich berührt die Flüchtlingssituation sehr. Wir müssen die Leute, die neu sind in der Stadt, an die Hand nehmen und ihnen zeigen, wie das hier funktioniert. Wir müssen Fragen beantworten, Dinge erklären, verteidigen, was wir hier haben, nämlich unsere tolle freiheitliche Gesellschaft. Das sind unsere Regeln, wir wollen, dass Frauen und Mädchen hier frei leben, bei uns gibt es keine Unterdrückung. Das müssen wir zeigen und vorleben. Das überfordert niemanden. Keiner muss sich übernehmen, wenn alle etwas machen.

Wir sind mehr als Sabbeltaschen“

Laut einer Umfrage vom ARD-Deutschlandtrend wächst die Verunsicherung unter den Deutschen zu dem Thema …

Wenn es mal im Getriebe rappelt, werden wir Deutschen schnell ungeduldig. Wir brauchen Zeit. Die Flüchtlingswelle kommt in der Wucht relativ überraschend, da sollten wir einen kühlen Kopf bewahren.

Jetzt mal was anderes. Wie verbringen Sie eigentlich Weihnachten?

Zu Hause auf Rügen bei meiner Familie. Die Feiertage drehen sich ums Essen, meistens haben wir so viel da, dass wir dreimal Weihnachten hintereinander feiern könnten.

Warum das?

Aus einem einfachen Grund: Unser Dorf liegt nahe der Küste, bei ungünstigen Wetterbedingungen schneien wir schon mal ein. Da hat man dann lieber eine gut gefüllte Speisekammer.

Und was steht auf dem Speiseplan?

Nach der Kirche gibt es Heiligabend ganz klassisch Kartoffelsalat mit Würstchen und am ersten Weihnachtstag Ente mit Rotkohl.

Was schenkt sich die Familie zum Fest?

Bei uns geht es um das Zusammensein, nicht so sehr um die Geschenke. Gerade in diesem Jahr finde ich es wichtiger, anderen, die es nicht so gut haben, etwas abzugeben. Da zu sagen, in der Familie kann es etwas weniger sein, wir tun mal denen, die neu sind, einen Gefallen und teilen, was wir haben. Denn jetzt haben wir Gesichter zu dem, was sonst so anonym auf dem Spenden-Überweisungsträger steht.

Der KLÖNSCHNACK dankt für das Gespräch.

Autorin: anna-lena.walter(at)kloenschnack.de

http://www.ankeharnack.de

Bäcker Körner
Severins Resort und Spa

Auch interessant