2. Januar 2017
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Nina Hugk, Diplom-Soziologin: Weniger ist mehr … oder in kleinen Schritten zum Erfolg

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INTERVIEW DES MONATS 

Nina Hugk, Diplom-Soziologin: Weniger ist mehr … oder in kleinen Schritten zum Erfolg

Wer kennt das nicht: Mit einer Fülle guter Vorsätze startet man ins neue Jahr und dann kommt wieder alles ganz anders. Nina Hugk, Diplom-Soziologin und Systemischer Coach, erklärt, wie sich die Chance erhöhen lässt, gesteckte Ziele auch erreichen zu können.

FOTO: TRUEFFELPIX_FOTOLIA.COM
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Ich will mit dem Rauchen aufhören, auf Süßes verzichten, endlich jeden Morgen eine Runde joggen, mich im Beruf nicht mehr so stressen lassen oder mir mehr Schlaf gönnen: Traditionell werden zum Jahreswechsel viele neue Vorsätze gefasst. So lang wie die Liste ist, so groß sind Lust und Motivation. Zunächst. Doch dann kommt es wieder ganz anders: Schnell holt einen der Alltag ein und die ambitionierten Ziele geraten ins Hintertreffen. Frust stellt sich ein. Wie schafft man es, was man sich vorgenommen hat, auch wirklich umzusetzen?

Nina Hugk: Der Jahreswechsel lädt viele Menschen dazu ein, Neues anzugehen und endlich etwas zu verändern. Häufig geht es dabei z. B. um den Wunsch, sich weniger stressen zu lassen oder gesünder zu leben.

Wichtig ist, sich nicht zu viel vorzunehmen und zu schauen: Was genau macht mich unzufrieden und was wäre anders, wenn ich meinen guten Vorsatz umgesetzt habe? Was brauche ich, um meinen Vorsatz umsetzen zu können? Manchmal lohnt es sich auch zu prüfen: Sind meine guten Vorsätze eigentlich meine eigenen oder verfolge ich eher fremde Ziele?

Sind meine persönlichen Ambitionen womöglich das Ergebnis von äußeren Anforderungen, die beispielsweise im Beruf an mich gestellt werden? Die eigene Standortbestimmung bzw. der Blick auf sich selbst schärft das Bewusstsein dafür und verhindert, Gefahr zu laufen, externe Ziele als die eigenen anzusehen.

Wenn ich meine eigenen Ziele erkannt und benannt habe, wie gehe ich damit um?

Nina Hugk:
Nehmen wir das Beispiel berufliche Anforderungen. Häufig kommen Menschen zu mir, die sich in ihrem Arbeitsalltag sehr gefordert oder auch überfordert fühlen. Ein Vorsatz für das neue Jahr ist dann z. B. „Ich will mich im Büro weniger stressen lassen.“ Aber es gelingt dann nicht, weil der Vorsatz zu groß ist und man gar nicht weiß, wo genau man eigentlich anfangen soll.

Nach meiner Erfahrung ist es hilfreich, genau hinzuschauen, also z. B. auf einen typischen Arbeitstag zu blicken und dabei das Positive nicht außer Acht zu lassen: Was läuft an so einem Tag gut, was weniger? Welche Momente tun mir gut? Was ärgert, was frustriert mich? Auf dieser Basis lassen sich dann konkrete Schritte finden, die nach und nach Dinge verbessern.

Es kommt also darauf an, geduldig zu sein und nicht zu viel auf einmal zu wollen?

Nina Hugk:
Ja, genau, wobei das Geduldigsein meint, sich Zeit für Veränderungen zuzugestehen. Ein beruflicher Stressfaktor können beispielsweise zu viele Überstunden sein. Wer seit Monaten Abend für Abend spät nach Hause kommt, weil im Job täglich so viel zu tun war, der merkt irgendwann natürlich, dass dies auf Kosten des Privatlebens und der Erholung geht.

Ich rate dann dazu, nicht sofort die ganze Belastung auf einen Schlag verändern zu wollen, sondern in kleinen Schritten vorzugehen. So kann man sich beispielsweise vornehmen, einmal in der Woche pünktlich Feierabend zu machen. Das ist vielleicht nur ein kleiner Schritt, aber einer, der sich normalerweise gut umsetzen lässt, wenn man bereit ist, ihn zu gehen.

Und dieser kleine Schritt macht dann die folgenden einfacher?


Nina Hugk:
Das ist das Schöne an kleinen, überschaubaren Etappen: Nach einer gewissen Zeit stellt sich ein Erfolgsgefühl ein. Hat man es ein paar Wochen lang geschafft, sich diesen einen Tag in der Woche zu gönnen, an dem man abends Zeit für sich hat, schafft das ein Stück Zufriedenheit.

Man kann sich sagen: Ich habe es geschafft, ich habe einen meiner Vorsätze erfolgreich umgesetzt. Solche kleinen Erfolgserlebnisse sind eine Bestätigung dafür, dass sich etwas ändern lässt. Sie ermutigen, nächste Schritte zu gehen, erst recht, wenn man spürt, dass es einem gut tut, was man da verändert hat. Um beim Beispiel Überstundenabbau zu bleiben: Hat man sie an einem Wochentag reduziert und gemerkt, dass es geht, warum nicht an einem zweiten Wochentag?

Wie geht es dann weiter?

Nina Hugk: Einzelne Erfolge lassen sich ausweiten und auf andere Bereiche übertragen. Hat man z. B. Vorsätze im Berufsleben umgesetzt, ist das Ansporn, auch Dinge im Privaten anzugehen. Man hat ja erfahren: Mit dem Blick auf sich und etwas Geduld kann es funktionieren. Und sogar neue Perspektiven können sich ergeben.

Hilfreich ist es, nicht in Schwarz-Weiß zu denken. Wenn etwas nicht hundertprozentig so funktioniert, wie man es sich vorgenommen hat, liegt es womöglich daran, dass man zu viel auf einmal gewollt hat und zu hohe Ansprüche an sich selbst stellt.

Richtet man den Blick auf vergleichsweise kleine Fortschritte, wird der Erfolg sichtbar. Und der tut gut.

Gespräch: Michael Hotze, michael-ho(at)gmx.de

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