1. April 2016
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Experte Dr. Uwe Westphal über Wilde Ecken und Nistplätze

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Experte Dr. Uwe Westphal über Wilde Ecken und Nistplätze

Biologe und Vorgelstimmen-Imitator Dr. Uwe Westphal FOTO: PRIVAT
Biologe und Vorgelstimmen-Imitator Dr. Uwe Westphal FOTO: PRIVAT
Was piept denn da?  
Amsel, Blaumeise und Zaunkönig kehren endlich wieder in die Gärten zurück und beleben die heimische Grünoase. Dr. Uwe Westphal, Diplom-Biologe, Autor und Vogelstimmen-Imitator gibt Ihnen Tipps, wie Sie Ihren Garten fit für den Frühling machen und die heimische Tier- und Vogelwelt begrüßen können.


Morgens zwitschern die Vögelein – herrlich! Dr. Westphal, wie locke ich die kleinen Musiker dauerhaft in meinen Garten?

Wichtig ist es, überwiegend heimische Stauden und Gehölze zu pflanzen, denn diese locken Insekten an, von denen wiederum die Vögel leben. Vor allem die Larven vieler Insekten ernähren sich nur von heimischen Pflanzen. Heimische beerentragende Sträucher wie Vogelbeere und Schwarzer Holunder locken Vögel an. Dornige Vogelschutzhecken aus Weißdorn, Wildrosen oder Berberitzen bieten brütenden Vögeln Schutz, ebenso Reisighaufen, die mit Brombeeren überrankt sind. Generell sollte der Garten nicht zu sehr aufgeräumt sein und „wilde Ecken“ haben, in denen auch mal Falllaub liegen bleiben darf. Auch ein kleiner Teich zieht Vögel magisch an. Künstliche Nisthilfen für Höhlen- und Nischenbrüter komplettieren das Angebot. Auf Giftspritzen sollte im Garten unbedingt verzichtet werden!

Welche Vogelarten finden wir denn überhaut in unseren privaten Oasen?
Häufig sind Amsel, Rotkehlchen, Zaunkönig, Kohlmeise, Blaumeise, Schwanzmeise und Grünfink, aber auch Heckenbraunelle, Gimpel, Zilpzalp und Mönchsgrasmücke. Tatsächlich leben in Hamburg mehr als 160 Brutvogelarten, viele davon kommen allerdings nicht in unsere Gärten.

Was zieht sie in unsere Gärten?
Im Umland zerstören die intensive Land- und Forstwirtschaft immer mehr Lebensräume unserer Vögel. Insbesondere die durchgrünte „Gartenstadt“ mit vielen Gärten, Parks und Friedhöfen bietet vielen Vogelarten gut geeignete Ersatzlebensräume. Einige wie die Amsel oder auch Kohl- und Blaumeisen sind mittlerweile in der Stadt häufiger als im Wald.

Wie profitiert der Garten davon? Gibt es auch Nachteile?
Da Vögel viele Insekten vertilgen – selbst Körnerfresser wie Finken und Spatzen ernähren ihre Brut mit Insektenkost –, sorgen sie dafür, dass potenzielle Schädlinge nicht überhand nehmen. Dafür kann man Amseln und Staren auch mal ein paar Kirschen oder Erdbeeren gönnen. Außerdem erfreuen uns die Vögel im Frühjahr mit ihrem vielstimmigen Gesang.

Darf ich die Vögel füttern und wenn ja womit?
Natürlich darf man Vögel füttern, wichtig ist nur das richtige Futter und ausreichende Hygiene. Am besten verwendet man Futtersilos, bei denen die Vögel nur mit dem Schnabel das Futter erreichen und es nicht mit ihrem Kot verschmutzen können, wie bei den klassischen offenen Vogelhäusern. Bei Körnerfressern wie Finken und Spatzen sind Sämereien das Futter der Wahl, Gemischtköstler wie die Meisen nehmen gern Fettfutter (z.B. Meisenknödel), Sonnenblumenkerne oder (ungesalzene) Erdnuss-Stückchen an und Weichfutterfressern wie Amseln oder Heckenbraunellen bietet man beispielsweise in Sonnenblumenöl getränkte Haferflocken an. Amseln und andere Drosselarten lieben auch Obststückchen und Rosinen.

Was sind geeignete Nisthilfen?
Für Höhlenbrüter wie Meisen, Kleiber, Stare und andere gibt es die klassischen Nisthöhlen aus Holz oder Holzbeton mit verschieden großen Maßen und Einflugöffnungen (je nach Größe der jeweiligen Vogelart). Auch für Nischenbrüter wie Bachstelze und Hausrotschwanz gibt es künstliche Nistkästen, die auf deren spezielle Bedürfnisse zugeschnitten sind. Für die geselligen Haussperlinge gibt es sogenannte „Spatzenreihenhäuser“ mit drei Brutkammern pro Kasten. Freibrüter wie Drosseln, Finken oder Grasmücken bauen ihre Nester in dichtem Gebüsch oder auf Bäumen.

„Übertriebene Putzaktionen im Garten nehmen Tieren ihre Verstecke“

Wie bereite ich meinen Garten im Allgemeinen auf den Frühling vor?
Ein naturnah und damit tierfreundlich gestalteter Garten braucht keine spezielle Vorbereitung – im Gegenteil, übertriebene Aufräumaktionen zu Beginn des Frühjahrs nimmt vielen Insekten, aber auch Igeln, Fröschen und Kröten ihre Verstecke, die darin oft noch bis weit in den April überwintern. Auch verholzte, vorjährige Stängel hochwüchsiger Stauden sollte man nicht zu früh schneiden, da in und an ihnen viele Insekten und deren Larven überwintern.

Wie können Menschen, die über keinen eigenen Garten verfügen, ihren Balkon natur- und vogelfreundlich gestalten?
Auch auf dem Balkon kann man beispielsweise Nistkästen für Vögel und solche für Wildbienen und andere Insekten anbringen. Mit heimischen Stauden in Töpfen und Balkonkästen bietet man ihnen ein gutes Nahrungsangebot. Dann summt, brummt und piept es auch „auf Balkonien“!

Der KLÖNSCHNACK dankt für das Gespräch.

CD: Die wichtigsten Vogeltipps

Autorin: anna-lena.walter(at)kloenschnack.de

www.westphal-naturerleben.de

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