1. Juni 2016
Magazin

„Die Welt nach Hause holen“

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„Die Welt nach Hause holen“

Dagmar Hirche, Gründungsmitglied „Wege aus der Einsamkeit“ 

Der Verein Wege aus der Einsamkeit hat es sich zur Aufgabe gemacht, Älteren die Angst vor moderner Technik zu nehmen sowie den Begriff Alter positiv zu besetzen und das mit ungewöhnlichen Aktionen.
Dagmar Hirche, Vorstandsvorsitzende Wege aus der Einsamkeit e.V.
Dagmar Hirche, Vorstandsvorsitzende Wege aus der Einsamkeit e.V.
Frau Hirche, Ihr Verein bietet Kurse rund um Tablet PC’s und Smartphones für Senioren an. Was kann ich mir darunter vorstellen?

Unser Angebot richtet sich an Menschen ab 65 plus die sich für moderne Technik und die damit verbundenen positiven Aspekte interessieren. Senioren, die den Anschluss an die Moderne nicht verpassen möchten.

Welche Vorteile haben Ältere denn bei der Nutzung moderner Technik?

Ältere, die mit einem Smartphone umgehen können, sind beispielsweise näher an ihrer Familie dran, denn ihre Kinder und Enkel kommunizieren viel über SMS und WhatsApp. Wer da nicht mitmacht,verpasstviel.

Was lernen die Teilnehmer in Ihren Kursen?

In den Kursen das „1×1 des Smartphones“ und das „1×1 des Tablet PC’s“ erklären wir zunächst die nötigen Begriffe und üben danach ganz konkret die Nutzung. Als erstes wählen wir uns ins WLAN ein und besuchen drei sinnvolle Webseiten, die der Deutschen Bahn, die HVV-Seite und Googlemaps. Ich möchte, dass die Älteren den Selbstzweck der Nutzung technischer Geräte begreifen.

Brauchen die Teilnehmer eigene Geräte?

Nein, wir haben verschiedene Modelle im Hause, zwischen denen sie wählen können.

Welche Fragen hören sie denn immer wieder von den Teilnehmern?

(lacht) Was ist ein Provider? Was ist ein Browser? Was ist der Unterschied zwischen einem Tablet PC und einem iPad? Was ist eine App?

Das sind die klassischen Fragen, bei denen ich aber auch verstehen kann, dass diese kommen. Viele der Teilnehmer sind zwischen 75 und 95 Jahre alt und hatten in ihrem Berufs- oder Privatleben einfach keinen Kontakt mit Computer, Smartphone und Co.

Wie nehmen sie den Teilnehmern die Angst, etwas falsch oder kaputt zu machen?

Wenn ich die Handhabung erläutere sind schon viele Hürden gemeistert; auch arbeite ich viel mit lebensnahen Beispielen, die den Senioren die Sinnhaftigkeit vieler Funktionen nahebringen. Wenn jemand dann zum ersten Mal im Netz ist, ist die Freude groß und vor allem macht es wirklich Spaß.

Ein Tablet trägt nicht nur zur Kommunikation und Information bei. Es bietet viele Funktionen auch für den Haushalt an.

Genau. Die größte Angst besteht für Senioren oft darin, krank zu werden und/oder in ein Heim zu kommen. Die modernen Medien können dabei helfen, dass Ältere länger in ihrem Zuhause verweilen können.

Senioren-Flashmob am Hauptbahnhof
Senioren-Flashmob am Hauptbahnhof
Wie sieht diese Hilfe aus?

Beispielsweise gibt es Anwendungen für Mobilgeräte, die Bescheid sagen, wenn die Herdplatte noch an ist. Diese App schickt ein Signal an das Smartphone des Besitzers oder an autorisierte Personen, wie die Kinder, Freunde oder Nachbarn. Auch kann die Sicherheit zu Hause erhöht werden. Es gibt heute Türspione, die mit einer Kamera und einem Bildschirm ausgestattet sind. Wenn es klingelt, kann auf dem Tablet oder iPad ganz einfach nachgeschaut werden, wer vor der Tür steht.

Wie sieht es im Bereich Online-Banking aus?

Da haben wir verstärkt einen Bedarf beobachtet, denn wer vielleicht nicht mehr so mobil ist, dafür aber geistig fit, möchte seine vertraulichen Bankangelegenheiten eventuell keinem Verwandten oder Bevollmächtigten anvertrauen. Wer sich im Online-Banking übt solange er noch fit ist, ist klar im Vorteil.

Welche Vorteile bietet das Online-Banking?

Zum einen entfallen Wege und auch Kosten, denn bei einigen Banken fallen heute für Papierüberweisungen Gebühren an. In unserem neuen Kurs „1×1 des Online-Bankings“ richten wir ein Testkonto ein und üben ganz genau die Funktionen, wie Überweisungen, Kontostände überprüfen, Daueraufträge einrichten und mehr. Da kooperieren wir mit der HASPA und bieten künftig Termine auch in Blankenese an.

Das Vereinsmotto lautet „Wir versilbern das Netz“: Sie planen künftig in VersilbererCafés Hilfe zur Selbsthilfe anzubieten.

Überall in der Stadt möchten wir Punkte einrichten, wo zweimal im Monat Treffs für Ältere, die Interesse daran haben sich die Welt mit hilfe von Smartphones und Co nach Hause zu holen, stattfinden sollen. Dort wird dann Hilfe zur Selbsthilfe angeboten. Die Café-Besucher sollen sich bei ihren Fragen gegenseitig unterstützen. Ein solches Café ist auch im Fischerhaus in Blankenese geplant.

Ihr Verein will den Begriff „Alter“ positiv besetzen. Wie gelingt ihm das?

Wir organisieren z.B. seit Jahren Senioren-Flashmobs am Hauptbahnhof. Hierfür haben wir sogar einen eigenen Song komponiert. In diesem Jahr findet der Flashmob am 1. Oktober um 11 Uhr auf dem Spielbudenplatz auf St. Pauli statt. Da wird getanzt, gesungen und gelacht, danach geht es zum Speed-Dating.

Zum Speed-Dating?!

(lacht) Das Senioren-Speed-Dating lädt alle Flashmob-Teilnehmer ein, sich nach dem Tanz noch in netter Runde zusammenzusetzen und zu schnacken. Diesmal findet das Dating in einer echt coolen Location auf dem Kiez statt – mit DJ und Kaffeebuffet.

Der KLÖNSCHNACK dankt für das Gespräch.

Fragen: anna-lena.walter(at)kloenschnack.de

www.wegeausdereinsamkeit.de

Telefon 422 36 22 32 00

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