3. August 2015
Magazin

Hier habe ich immer gesessen

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MENSCH DES MONATS 

„Hier habe ich immer gesessen“ 

Rüdiger von Ancken, Kapitän der „Cap San Diego“ 

Einst stand er als 2. Offizier auf der Brücke der „Cap San Diego“. Heute fährt Rüdiger von Ancken das weltweit größte Museumsschiff als Kapitän. Dabei steckt der Seemann voller Geschichten.

Rüdiger von Ancken an Bord der Cap San Diego. Heute fährt er das Schiff als Kapitän, früher war er an Bord als 2. Offizier für die Ladung zuständig
Rüdiger von Ancken an Bord der Cap San Diego. Heute fährt er das Schiff als Kapitän, früher war er an Bord als 2. Offizier für die Ladung zuständig
Wer mit Rüdiger von Ancken an Bord der „Cap San Diego“ unterwegs ist, taucht in eine Zeit der Seefahrt ein, die seit langem vorüber ist. Die Seekarten waren ebenso aus Papier wie Staupläne und Wetterkarten. Navigiert wurde mittels Sextanten und Funkpeiler. Frachter wie die „Cap San Diego“ lagen bis zu einer Woche in Häfen wie Santos oder Buenos Aires.
Der heutige „Cap San Diego“-Kapitän war damals als 2. Nautischer Offizier mit an Bord. „Damals haben wir noch den Kaffee oder Kakao gerochen, den wir geladen hatten“, erinnert sich von Ancken, der neben dem Brückendienst auch für die Ladung zuständig war. Das sei eine sehr anspruchsvolle Aufgabe gewesen, so der langjährige Seemann. Ein Blick in die auf der Brücke ausgestellten Staupläne belegen es.
Wenn der Seemann von der „Cap San Diego“ erzählt, werden Blick und Stimme weich. „Als das Schiff in Dienst gestellt wurde, war es ihrer Zeit 20 Jahre voraus. Als es ausgemustert wurde, hatte die Zeit es eingeholt.“
Kenner wie Laien schwärmen noch heute von den „weißen Schwänen des Südatlantiks“, die von Cäsar Pinnau (1906–1988) entworfen und für die Reederei Hamburg Süd zwischen Nordeuropa und Südamerika pendelten. Dabei hatten sie bis zu zwölf Passagiere an Bord.
Entsprechend gepflegt war der Stil an Bord. Die Schiffsführung, Kapitän, 1. Offizier und Leitender Ingenieur, an Bord Chief genannt, saßen gemeinsam mit den Passagieren im Salon. Die anderen Nautiker und Ingenieure in der Offiziersmesse, alle übrigen in der Mannschaftsmesse. Für alle standen Stewards bereit, die drei warme Mahlzeiten täglich servieren mussten. Steward komme von Stehen und Warten, so damals ein Snack an Bord.
Mit routinierter Handbewegung zeigt von Ancken auf seinen ehemaligen Sitzplatz in der Offiziersmesse. „Hier habe ich immer gesessen.“ Das fest montierte Radio stammt aus dieser Zeit, ebenso Stühle und Back.
Nur wenige können so viel über die Stückgutfahrt erzählen wie Rüdiger von Ancken. Schon als Kind war er von Schiffen und Seefahrt begeistert. In den 1950er Jahren las und sammelte er „SOS“-Hefte, die sich mit dem „Schicksal deutscher Schiffe“ beschäftigten. Etwa der „Adolph Woermann“ oder der „Adolf Leonhardt“. Illustriert wurden die 50-Pfennig-Hefte von dem Marinemaler Walter Zeeden. Über ihn hat von Ancken kürzlich zusammen mit Dr. Lars U. Scholl ein Buch geschrieben. Jetzt, so von Ancken, „suchen wir noch einen Verband oder eine Stiftung, die uns bei den Druckkosten unterstützt.“
Autor: helmut.schwalbach(at)kloenschnack.de

www.capsandiego.de

Günther & Günther GmbH

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