29. September 2016
Magazin

THEMA: Kinder und Prioritäten

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TIMS THESEN 

THEMA: Kinder und Prioritäten

Tim Holzhäuser schreibt hier seine monatliche Glosse
Tim Holzhäuser schreibt hier seine monatliche Glosse
Die Kleine hört überhaupt nicht!“, stellt meine Mutter konsterniert fest. Einige Sekunden zuvor hatte ich im großelterlichen Garten meine Tochter gerufen, aber die Dreijährige reagierte lediglich mit einem „Nö!“ und marschierte weiter in Richtung Trampolin. Völliges Unverständnis bei der reichlich anwesenden Generation 60 plus.

Das ging dann fröhlich so weiter, als hätte Töchterchen beschlossen, den Papa mal richtig läppisch aussehen zu lassen: Die Kleine wollte nicht essen, nicht Zähneputzen, nicht schlafen, nicht das Sommerbuch lesen, sondern das Weihnachtsbuch etc. Die ebenfalls anwesende Schwester kommentierte das mit den altklugen Bemerkungen von neunjährigen Schulkindern. Auch nicht hilfreich beim Zerstreuen des Eindrucks: keine Disziplin. Mich ärgerte das, aber nicht lange. Wieder zu Hause überlegte ich nämlich, in welcher der geschilderten Situationen das Kind wirklich hätte gehorchen müssen (denn jenes Wort ist mit „hören“ natürlich gemeint). Die Antwort: Zähneputzen. Alles andere war, wenn man es realistisch betrachtet, völlig egal. Zu lange Trampolinspringen macht einen roten Kopf, das Weihnachtsbuch im August lesen, nervt allein Papa, ein verschobener Schlafrhythmus ist in den Ferien zu tolerieren, nicht essen bedeutet schlicht keinen Hunger und muss nicht sofort mit Ritalin bekämpft werden, oder? Wenn man es so betrachtet, gibt es wenige Situationen, in denen Kinder wirklich auf Ansage parieren müssen. Straßenverkehr ist ein Punkt. Ich hatte zweimal das Vergnügen, einen Hasardeur auf dem Laufrad am Überfahren einer roten Ampel zu hindern (Kieler Straße, mittags, Exitus-Garantie für unachtsame Zwerge). Die Eltern hatten den Kleinen, 50 Meter hinter mir, freundlich gefragt, ob er nicht gedächte anzuhalten. Gedachte er nicht.

Der andere Punkt ist Sozialverhalten, aber auch das nur eingeschränkt, also altersgemäß. Ich werde nie den empörten Ausdruck einer 30-Jährigen in einem Flugzeug vergessen, die angesichts eines schreienden Kleinkindes forderte: „Jetzt müsste es langsam mal still sein!“ – „Herr Ober, der Regen müsste nun wirklich aufhören nass zu sein!“

Aber nochmal zurück zur der Frage: Was ist der Generation 60 plus so wichtig an Kindern, die „hören“? Meine These: Nichts. Wir sehen nicht mehr als die nachwirkende Prägung einer autoritären Erziehung. Kinder, die hören, haben einen An-/Aus-Knopf, der sie auch dann stoppt, wenn der Befehl ostentativ sinnlos ist. Es geht um die Gewissheit, ein Kind per Knopfdruck nach Gutdünken steuern zu können. Zu laut? Aus! Zu leise? An! Debattieren willste? Aus! Zu schlaff? An! Kinder, ist das Leben schön. Herr Ober, noch ‘ne Molle! Unschön ist später dieser sonderbare Drang autoritär erzogener Kinder, Balkanländer zu überfallen oder gleich die Sowjetunion. Da funktionierte in der Vergangenheit auch der Aus-Knopf nicht mehr. Ich bleibe daher lieber beim Augezudrücken.

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