4. Januar 2016
Magazin

THEMA: Geliebtes Kupfer

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TIMS THESEN 

THEMA: Geliebtes Kupfer

Tim Holzhäuser schreibt hier seine monatliche Glosse
Tim Holzhäuser schreibt hier seine monatliche Glosse
An manchen Tagen gleicht die REWE-Filiale am Blankeneser Bahnhof einem Schalter der Landeszentralbank. Wir sehen eine Schlange von Rentnern, die Kleingeld abgibt. In der LZB ist der Vorgang unterhaltsam, da die dortige Münzannahme originelle Typen anlockt und am Ende GELDSCHEINE das Portemonnaie füllen.

Nun existieren Pläne, kleine Münzen rigoros abzuschaffen. Alles Kupfer könnte eingeschmolzen werden, im Dienste eines einfacheren und billigeren Zahlungsverkehrs. Das aber stößt auf Widerstand im Volk. Offenbar ist es für viele Deutsche unvorstellbar an der Supermarktkasse nicht in einem speckigen Münzfach herumzukramen, alle Anwesenden mit Blicken zwischen Kasse und Groschengrab zu nerven und dann endlich, nach vielen Anläufen, den verdammten Bückling in Aspik („Premium“) mit exakt 1,97 Euro zu bezahlen.

Ich habe solche Preise nie verstanden. Welchen Unterschied machen drei Cent? Richtig, überhaupt keinen. Sie werden in diesem Sonnensystem kein Einzelhandelsprodukt zum Preis von drei Cent finden. Die einzig vernünftige Behandlung für Kupfermünzen ist eine Schiene der Regionalbahn, die daraus eine hübsche Brosche für die Kinder walzt. Alternativ schenkt man das Klimbim einem Stadtberber (der es letztens aber nicht haben wollte!) oder schmeißt es halt kiloweise in die Zählmaschine der Zentralbank auf dem Weg zu rahmengenähtem Schuhwerk.

„Aber der Handel!“, so beginnt nun garantiert der Einwurf. Die Discounter würden die Münzbereinigung konsequent zum Aufrunden missbrauchen. Der Bückling in Aspik „Premium“ kostet dann nicht mehr 1,97 Euro, sondern ganze 2,00!

Na und? Macht keinen Unterschied. Selbst wenn alles zwischen Quark und Mettwurst aufgerundet würde, ergäbe das eine Mehrbelastung pro Jahr und Nase von, sagen wir, 22,44 Euro. Wer aufgrund dieser Summe nun bis Ostern schlaflos bleibt, der sollte seine Sorge eventuell auf die Jobsuche verwenden.

Unterdessen werden Kupfermünzen immer mehr zur Plage, da sie sich vermehren. Die Eincentmünzen haben sich seit 2002 verfünffacht. Grund? Sie verschwinden aus dem Münzumlauf und müssen ständig nachgeprägt werden. Warum? Nun, weil gewisse originelle Typen die Dinger horten und dann kiloweise bei der LZB … Nun die These. Woher die Liebe des Deutschen zur Kupfermünze? Warum sehen Finnen und Iren das Thema lockerer? Ich denke, es hat wenig zu tun mit Furcht vor modernen Zahlungstechniken, vor Chips und Plastik, vor Kontrollverlust und ähnlichem. Es ist tatsächlich der Bückling in Aspik. Es sind die drei Cent pro Mahlzeit, die 22,44 Euro pro Jahr. Es ist die irrationale Sparmentalität, die zwischen Passau und Flensburg auf Beträge pocht, die letztlich keinen Unterschied machen. Ein Weltkriegserbe? Könnte sein. Immerhin zeigen die Jungen keine Sentimentalitäten im Umgang mit dem Kupfer.

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