3. August 2015
Magazin

THEMA: Der perfekte Körper 

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TIMS THESEN 

THEMA: Der perfekte Körper 

Tim Holzhäuser schreibt hier seine monatliche Glosse 
Tim Holzhäuser schreibt hier seine monatliche Glosse 
Ein großer Moment, finde ich, denn nun kommt eine These, für die sich Leonardo da Vinci nicht geschämt hätte: Die spekulative Antwort auf die Frage: Wann ist ein Körper perfekt?

Eine Bekannte von mir ist kompliziert, wenn es darum geht, in Badekleidung oder sogar nackt aufzutreten. Wenn überhaupt Sauna, dann besucht sie ausschließlich die des Kaifu-Bads, die auch von Mitgliedern der benachbarten Kaifu-Lodge benutzt wird.

Ich hatte jene Sauna immer für das Paradies aller Spanner betrachtet und muss entsprechend verblüfft aus meinem Steigenberger-Bademantel geblinzelt haben. Die Bekannte klärte mich auf: Die Kaifu-Sauna sei Mittelpunkt einer Ansammlung von Endstadiums-Narzissten! Männer und Frauen, die stets nur bewundernd an sich selbst herunterblickten und sich auch bei Feueralarm nicht mehr losreißen könnten von ihren perfekt trainierten Bauchmuskeln und der darunter blitzblank liegenden Bikinizone. Alles andere bliebe jenseits ihrer Wahrnehmung, also auch meine Bekannte mit ihren Röllchen.

Lächerlich, oder? Ich habe die Beobachtung trotzdem überprüft und musste feststellen: Es stimmt. Muskulaturen wie mit Murmeln gefüllt, auf Tennisballhärte gestraffte Brüste und darüber immer ein verklärter Blick auf die eigene Pracht.

Gleichzeitig ist mir aufgefallen, dass ich diese Pracht unseriös finde. Nicht auszudenken, was diese Leute alles vernachlässigen an bürgerlichen Pflichten, an Fortbildung, Ehrenamt, Kleingarten, Kindererziehung, Büroaffäre etc., wenn sie ständig in der Lodge an Geräten herumgrunzen. Die Totalrasur intimer Stellen empfand ich als absolut vertrauenszerstörend, gibt sie doch Erwachsenen etwas Kindliches und damit erotisch gesehen Unattraktives. Diese Körper, das wurde mir klar, waren nicht perfekt.

Nun zum dadbod (von dad und body). Das Modell geisterte vor einigen Wochen durch die Medien: Ein Mann mit breiten Schultern, aber auch einem Bäuchlein. Stellen Sie sich den späten Leonardo di Caprio oben ohne am Grill vor, dann haben Sie ihn. Wochenlanger Jubel in der Presse, bis endlich ein „Zeit“-Redakteur sein Hirn einschaltete: Quelle des dadbod, so seine Recherche, war der Blog einer 19-Jährigen, die sich darin „in freundlicher Art über Väter lustig“ gemacht hat. Vom Teenager ausgelacht, das ist nicht perfekt. Denken wir nun ans Gegenteil. Ist der menschliche Walfisch perfekt, der tote Schwan, der Wirbellose? Nein!

Ich war also kurz davor, erstmalig keine These zu liefern, weil ich nicht länger bereit war, lachhafte, unseriöse und vertrauenszerstörende Menschen zu beobachten. In der Umkleide hatte ich dann aber dieses Gefühl epochaler Dringlichkeit. Auf den Spuren da Vincis und die Lösung schien so nah! Einer Eingebung folgend öffnete ich also meinen Bademantel, sah an mir herunter und da …!

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