1. Juli 2015
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Kuriositäten im Versorgungsausgleich

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Kuriositäten im Versorgungsausgleich 

Kommentar im Juli 

Rechtsanwalt Ingo HolzhäuserTelefon 86 64 61 71
Rechtsanwalt Ingo Holzhäuser
Telefon 86 64 61 71
Mit der Scheidung einer Ehe sind die während der Ehezeiten erworbenen Anwartschaften in der Altersversorgung zwischen den Ehegatten auszugleichen. Die Anwartschaften sind vielfältig und können aus gesetzlichen und privaten Rentenanwartschaften, Beamtenversorgungen oder betrieblichen Altersversorgungen bestehen. Hierbei wird versicherungsmathematisch berechnet, welcher Teil der Altersversorgung während der Ehezeit jeweils erworben wurde, um dann jedes einzelne Anrecht, soweit dieses nicht geringfügig ist, auszugleichen.

Eine recht unerfreuliche und dogmatisch schwer zu begründende Besonderheit ergibt sich dann, wenn bei Scheidung der Ehe der eine Ehegatte bereits eine Altersrente bezieht, der andere aber noch im Berufsleben steht. Durch den Versorgungsausgleich und die teilweise Übertragung des Anrechts des Rentners auf den noch erwerbstätigen Partner kürzt sich der Rentenanspruch des Rentners unmittelbar, ohne dass dies dem Erwerbstätigen auch unmittelbar zugutekäme. Der Rentner hat plötzlich 500 Euro weniger, der Erwerbstätige aber nicht diese 500 Euro mehr. Erst mit dessen Eintritt in die Altersrente profitiert dieser in gleicher Höhe der Kürzung auf der ausgleichspflichtigen Seite. Wenn der noch erwerbstätige Ehegatte erst, sagen wir 45 ist, wirkt die Kürzung über 20 Jahre, ohne dass sich dies auf der anderen Seite erhöhend auswirken würde. 20 Jahre mal 500 Euro entsprechen der „Kleinigkeit“ von 120.000 Euro. Kurios? Nach gesundem Menschenverstand entsprechen die Auswirkungen auf der Seite des Ausgleichspflichtigen, bei sofortiger Kürzung seines aktuellen Rentenbezugs, ohne dass der Ausgleichsberechtigte auch unverzüglich im selben Maße von dieser Kürzung profitiert, einer Art Enteignung. Gleichwohl halten die Obergerichte in ständiger Rechtsprechung dieses Ergebnis für sachgerecht. Begründet wird das eigentlich Unerklärliche mit der Begründung des Gesetzgebers bei Erlass des Gesetzes zur Strukturreform des Versorgungsausgleichs in 2009. In der Gesetzesbegründung kommt der ausdrückliche gesetzgeberische Wille zum Ausdruck, mit der Strukturreform auch die gesetzliche Rentenversicherung stärken zu wollen. Das rechtfertigt dann den „Verlust“ von 120.000 Euro in unserem Beispiel.

Sind Sie betroffen, dürfen Sie sich also, nachdem Sie Ihren herben Verlust im laufenden Rentenbezug verdaut haben, freuen, dass durch Ihren „Verzicht“ die Rentenversicherung insgesamt gestärkt wird. Liegt Ihnen soziale Verantwortung zwar nicht fern, aber gefühlte Enteignung dann doch quer im Magen, sollten Sie im Falle einer Ehescheidung unbedingt versuchen, im Rahmen einer Vereinbarung zwischen den Ehegatten dieses für beide Seiten wirtschaftlich unvernünftige Ergebnis zu vermeiden suchen.

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