1. August 2016
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Der „Brexit“ aus steuerlicher Sicht

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Der „Brexit“ aus steuerlicher Sicht

Der Steuertipp 

Ekkehart D. Voß, Steuerberater, Dipl.-Finw. M.I.Tax, Fachberater für Unternehmensnachfolge (DStV e.V.), Telefon 81 51 11
Ekkehart D. Voß, Steuerberater, Dipl.-Finw. M.I.Tax, Fachberater für Unternehmensnachfolge (DStV e.V.), Telefon 81 51 11
Die Briten haben sich dazu entschieden, die EU zu verlassen. Wenn der Austritt tatsächlich vollzogen wird, werden daraus eine Vielzahl von rechtlichen und steuerlichen Änderungen für Personen und Unternehmen folgen, die heute noch gar nicht abschätzbar sind.

Fest steht, dass im deutschen Steuerrecht grundlegend zwischen Mitgliedstaaten der Europäischen Union und Drittstaaten unterschieden wird. Unterschiedliche steuerliche Vorschriften gewähren Sonderregelungen für EU bzw. EWR-Sachverhalte und berücksichtigen die in der EU geltenden Grundfreiheiten. Wenn Großbritannien nun die EU verlässt, kann es sich nicht mehr auf den Schutzbereich des Unionsrechts berufen.

Diese Konsequenzen werden sowohl Privatpersonen als auch Unternehmen zu spüren bekommen. Hierzu zwei Beispiele: Wenn Eltern ihren Kinder einen Schüleraustausch mit einer englischen Schule ermöglichen, können heute 30 % des Schulgeldes bei der Einkommensteuer in Deutschland steuerlich geltend gemacht werden. Diese Begünstigung gilt nur für eine Schule in der EU, sodass der Abzug der Kosten bei einem Austritt von Großbritannien nicht mehr möglich sein wird. Gleiches gilt bei Besitz eines Ferienhauses in England: Private Handwerkerleistungen in England können nach heutigem Recht in Deutschland steuermindernd angesetzt werden. Auch diese Begünstigung gilt nur für Immobilien in der EU.

Die größte steuerliche Auswirkung hat dieser Austritt sicherlich für Unternehmen, die Geschäftsbeziehungen mit England unterhalten oder deren Tochter- oder Muttergesellschaften in England ansässig sind. Um die Befürchtung der negativen Konsequenzen zu entkräften, hat nun der britische Finanzminister Osborne entgegen der Ankündigung vor dem Referendum in Aussicht gestellt, die Unternehmenssteuern in England deutlich auf unter 15 % zu senken. Dieser Satz wäre im Vergleich zu den anderen großen Volkswirtschaften der Welt einer der niedrigsten. Vorbild der Briten soll die Schweiz sein, die in den Neunzigerjahren ebenfalls erfolgreich für bestimmte Unternehmen die Steuerbelastung stark reduziert hat.

Das Vorhaben in England ist jedoch skeptisch zu betrachten: Es soll lediglich die Mehrbelastungen kompensieren, die aus anderen Bereichen auf die Unternehmen in England bei einem EU-Austritt zukommen werden. Nach dem Brexit waren einige englische Unternehmen gezwungen, Gewinnwarnungen zu veröffentlichen. Allein dies würde zu niedrigeren Steuer – einnahmen der Briten führen – wenn jetzt auch noch die Steuersätze gesenkt werden würden, könnte dies katastrophale Folgen für den britischen Haushalt haben. Ob sich England diese Steuersenkung überhaupt leisten kann, steht in den Sternen.

Es zeigt sich, dass der Austritt nicht nur diejenigen betreffen wird, die in Großbritannien ansässig sind. Die genauen Konsequenzen werden erst nach Abschluss der Austrittsverhandlungen feststehen.

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