1. März 2016
Magazin

Wer packt mit an?

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EHRENAMT

Wer packt mit an?

Das Ehrenamt 

Die Flüchtlingssiedlung am Holmbrook in Othmarschen bietet 208 Flüchtlingen eine Unterkunft. In der Initiative „Die Holmbrooker“ kann man sich ehrenamtlich engagieren. FOTO: FRIEDERIKE VON VULTEJUS
Die Flüchtlingssiedlung am Holmbrook in Othmarschen bietet 208 Flüchtlingen eine Unterkunft. In der Initiative „Die Holmbrooker“ kann man sich ehrenamtlich engagieren. FOTO: FRIEDERIKE VON VULTEJUS
Der Hamburger Westen ist sozial engagiert. Doch was benötigen hilfsbedürftige Menschen in Hamburg wirklich? Welche Einrichtungen gibt es, in denen Bürger aktiv werden können? Welches Ehrenamt passt zu wem? Der KLÖNSCHNACK schafft einen Überblick.

Der Hanseat kümmert sich. Generell. Bürgerliches Engagement wird „groß geschrieben“, die Perle an der Elbe nicht sich selbst überlassen. Wenn andere noch nach der Obrigkeit heulen, packt der Hamburger selbst an.

Ein schönes Bild. Unschön ist nur: Statistisch betrachtet, stimmt es nicht. Laut einer Erhebung des Bundesamtes für Familie, Senioren, Frauen und Jugend von 2010 steht Hamburg beim ehrenamtlichen Engagement auf dem drittletzten Platz aller Bundesländer und Stadtstaaten. Knapp vor Sachsen-Anhalt, knapp vor Berlin, aber weit hinter Schleswig-Holstein, Niedersachsen oder Rheinland-Pfalz.

Das Ministerium weist jedoch in einer Fußnote darauf hin, dass die Erhebung grob ausgefallen ist, die Stichproben klein waren, Ausreißer denkbar sind. Eigene Recherchen deuten nun darauf hin, dass einer der Ausreißer auf den Namen „Hamburger Westen“ hört.

Magret Sundermann, 78, Groß Flottbek: „Ich bin aus gesundheitlichen Gründen und wegen des Alters nicht mehr ehrenamtlich aktiv. Ich pack’ das einfach nicht mehr. Früher habe ich in einer Altonaer Seniorenwohnanlage ehrenamtlich alte Menschen betreut und sie zum Einkaufen gefahren.“
Magret Sundermann, 78, Groß Flottbek: „Ich bin aus gesundheitlichen Gründen und wegen des Alters nicht mehr ehrenamtlich aktiv. Ich pack’ das einfach nicht mehr. Früher habe ich in einer Altonaer Seniorenwohnanlage ehrenamtlich alte Menschen betreut und sie zum Einkaufen gefahren.“
Dr. Eckart Ehlers, 77, Blankenese: „Ich mache ein Ehrenamt in Bonn und berate Wissenschaftsorganisationen. Ich habe vorher 25 Jahre in der Stadt gelebt, bin dort zu meinem Ehrenamt gekommen, habe dort meine Netzwerke und mache es deshalb von hier aus weiter.“
Dr. Eckart Ehlers, 77, Blankenese: „Ich mache ein Ehrenamt in Bonn und berate Wissenschaftsorganisationen. Ich habe vorher 25 Jahre in der Stadt gelebt, bin dort zu meinem Ehrenamt gekommen, habe dort meine Netzwerke und mache es deshalb von hier aus weiter.“
Thorsten Althoff, 33, Blankenese: „Ich bin zur Zeit nicht ehrenamtlich aktiv, da ich beruflich eingespannt bin und zwei kleine Kinder habe. Ich habe früher im Sportverein eine Trainertätigkeit im Fußball gemacht. Das könnte ich mir auch wieder vorstellen, wenn die Kinder größer sind.“
Thorsten Althoff, 33, Blankenese: „Ich bin zur Zeit nicht ehrenamtlich aktiv, da ich beruflich eingespannt bin und zwei kleine Kinder habe. Ich habe früher im Sportverein eine Trainertätigkeit im Fußball gemacht. Das könnte ich mir auch wieder vorstellen, wenn die Kinder größer sind.“

Wer im Februar 2016 Hilfseinrichtungen wie den Runden Tisch Blankenese, die Flüchtlings- Initiative „Willkommen in Lurup“ oder die Luthergemeinde in Bahrenfeld kontaktiert, hört keine Klagen über zu wenig helfende Hände. Im Gegenteil. Helga Rodenbeck, Koordinatorin für Flüchtlinge in Blankenese, berichtet zur Lage des Runden Tischs: „Derzeit suchen wir keine weiteren Ehrenamtlichen – wir verfügen bereits über einen Pool von über 200 Helfern.“ 80 Personen sind laut Rodenbeck derzeit in den Flüchtlingsunterkünften Sieversstücken I und II in Sülldorf tätig.

Ähnliches ist aus der Flüchtlingsunterkunft Holmbrook in Othmarschen zu hören. Christiana Kant vom Unterkunfts- und Sozialmanagament F & W (Fördern & Wohnen) schreibt von überdurchschnittlichem Engagement. Derzeit „besteht gerade kein weiterer Bedarf an freiwilligen Helfern, im Gegenteil: Es gibt noch viele, die sich gern engagieren möchten, für deren Angebote aber derzeit (noch) kein Bedarf besteht.“

„Es gibt noch viele, die sich gern engagieren möchten.“

Auch in anderen Standorten der F & W übersteigt die Zahl der ehrenamtlichen Helfer teilweise die der Bewohner. Grundstätzlich sehen die Verantwortlichen dieses Verhältnis positiv, denn es führt zu einer regelrechten „Einzelfallbetreuung“.

Was trotz vieler Ehrenamtlicher aber fehlt, sind Angebote außerhalb der Wohnheime. Nicht zuletzt die Flüchtlinge selbst wünschen sich ein Durchbrechen der Isolation. Gefragt wird vielerorts nach Möglichkeiten die umliegenden Viertel kennen zu lernen und Kontakte zu Deutschen herzustellen. Sinnvoll wären daher mehr Nachbarschaftscafés, Kultur- und Bildungsvereinigungen außerhalb der Wohnheime oder schlicht nachbarschaftliche Einladungen an Flüchtlinge.

Wolfgang Brandes, 76, Rissen: „Ich mache keine ehrenamtliche Tätigkeit, weil ich noch berufstätig bin und keine Zeit dafür habe. Außerdem hat ein Ehrenamt für mich den schlechten Beigeschmack, man sei zu nichts mehr nutze. Ich will für meine Tätigkeiten einen Gegenwert haben. Ich sehe mich nicht im Ehrenamt.“
Wolfgang Brandes, 76, Rissen: „Ich mache keine ehrenamtliche Tätigkeit, weil ich noch berufstätig bin und keine Zeit dafür habe. Außerdem hat ein Ehrenamt für mich den schlechten Beigeschmack, man sei zu nichts mehr nutze. Ich will für meine Tätigkeiten einen Gegenwert haben. Ich sehe mich nicht im Ehrenamt.“
Melanie Steinbeck, 33, Lurup: „Ich bin nicht ehrenamtlich tätig, weil ich voll berufstätig und alleinerziehend bin. Ich habe schlichtweg keine Zeit. Wenn die Zeit da wäre, würde ich gerne etwas machen – da müsste man aber mal gucken, ob das vor dem Rentenalter überhaupt möglich ist.“
Melanie Steinbeck, 33, Lurup: „Ich bin nicht ehrenamtlich tätig, weil ich voll berufstätig und alleinerziehend bin. Ich habe schlichtweg keine Zeit. Wenn die Zeit da wäre, würde ich gerne etwas machen – da müsste man aber mal gucken, ob das vor dem Rentenalter überhaupt möglich ist.“
Helga Becker, 75, Nienstedten: „Ich habe schon so einige Ehrenämter gemacht und mache auch heute welche, da es zu meinem Beruf passt: Ich bin Krankengymnastin. Ich betreue eine ältere Dame in Othmarschen, helfe ihr beim Einkaufen, pflege sie, mache Krankengymnastik und bringe ihr Bücher mit.“
Helga Becker, 75, Nienstedten: „Ich habe schon so einige Ehrenämter gemacht und mache auch heute welche, da es zu meinem Beruf passt: Ich bin Krankengymnastin. Ich betreue eine ältere Dame in Othmarschen, helfe ihr beim Einkaufen, pflege sie, mache Krankengymnastik und bringe ihr Bücher mit.“

Auch Flüchtlingsfamilien benötigen vor allem Hilfe außerhalb der Wohnheime, gerade bei der Eingewöhnung von Kindern im Kindergarten oder in der Schule.

Das bestätigt auch Sabine Tengler von „Willkommen in Lurup“. An Engagement bestehe generell kein Mangel, wohl aber an praktischer Hilfe bei Behörden- und Arztbesuchen.

Wer nun Ehrenamtliche im Einzelnen trifft, auch solche, die sich nicht mit Flüchtlingen beschäfigt, der sieht überwiegend ältere Jahrgänge. Gespräche mit Passanten liefern rasch eine mögliche Erklärung: In jungen Jahren fehlt vielen schlicht die Zeit zum Ehrenamt. Schüler zeigen ihren time table vor, junge, häufig berufstätige Eltern den krähenden Sprössling. Die Luruperin Melanie Steinbeck mutmaßt, ob ein Ehrenamt generell erst nach Eintritt ins Rentenalter möglich sei.

Bundesweit engagieren sich 23 Millionen Deutsche unentgeltlich.

Eine Veränderung zeigt sich hier jedoch durch die Flüchtlingskrise, von der sich auch viele junge Menschen im Hamburger Westen zur Hilfe motivieren lassen.

Ein Ehrenamt kann nicht nur im Ruhestand sinnstiftend sein. Auch jüngere Menschen engagieren sich immer häufiger sozial, neben ihrem Beruf. FOTO: FRIEDERIKE VON VULTEJUS
Ein Ehrenamt kann nicht nur im Ruhestand sinnstiftend sein. Auch jüngere Menschen engagieren sich immer häufiger sozial, neben ihrem Beruf. FOTO: FRIEDERIKE VON VULTEJUS
Neben vielen positiven Stimmen gibt es jedoch auch Menschen, die Einwände haben. So sieht etwa der Rissener Wolfgang Brandes (siehe unten links) im Ehrenamt die Gefahr einer Abwertung, nach dem Motto: Eine Arbeit, die es wert ist, getan zu werden, ist es auch wert, bezahlt zu werden. Solche Bedenken scheinen im Hamburger Westen jedoch selten zu sein. Kaum ein Befragter wollte einräumen, dass er generell, auch mit mehr Zeit, nicht bereit sei, ein Ehrenamt zu übernehmen.

Die Flüchtlingskrise überdeckt dabei, dass das Engagement breit gefächert ist. Hauptzielgruppe ehrenamtlicher Hilfe in Hamburg sind zum Beispiel Kinder, gefolgt von Senioren und Menschen mit Behinderungen.

Bundesweit engagieren sich 23 Millionen Deutsche unentgeltlich. Jeder von ihnen wendet hierfür durchschnittlich 16 Stunden im Monat auf. Männer sind stärker repräsentiert, was Forscher auf Baby- und Kinderpausen junger Mütter zurückführen.

Im Folgenden finden Sie Adressen von Hilfseinrichtungen im Hamburger Westen, in denen ehrenamtliches Engagement stattfindet. Die Aufzählung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

Runder Tisch Blankenese
Hilfe für Flüchtlinge: Kleiderspenden, Unterbringungen, Sprachkurse, Freizeitgestaltung.

www.blankenese.de/kontakt-433.html


Willkommen in Lurup
Flüchtlingshilfe mit Schwerpunkt auf

http://willkommen.unser-lurup.de/


Luthergemeinde Bahrenfeld
Koordination ehrenamtlicher Flüchtlingshilfe.

www.lutherkirche.net


Die Holmbrooker
Arbeitsgruppen mit Flüchtlingen in der Flüchtlingsunterkunft und in der

www.holmbrook.de


Überregionale Institutionen und Initiativen im Internet: 

www.altonavi.de

Engagement-Suche nach Tätigkeiten und Stadtteilen sowie Informationen zu freiwilligem Engagement.

www.freiwilligen-zentrum-hamburg.de

Informationen über freiwilliges und ehrenamtliches Engagement, Engagementmöglichkeiten, Freiwilligenkoordination durch Qualifizierungsworkshops/Weiterbildungen.

www.engagement-hamburg.de

Eine Datenbank mit einer Vielzahl von Angeboten für Ehrenamtliche. 

www.seniorenbuero-hamburg.de

„Engagement-Lotsen“ beraten und suchen nach einer passenden Aufgabe in der Seniorenbetreuung.

www.tatkraeftig.org

Hier finden Interessierte eine Vielzahl an Hilfsprojekten – von Flüchtlingen bis zur Wohnungseinrichtung für Menschen mit Behinderungen. 

www.awo-hamburg.org

Informationen zu Hilfsprojekten mit den verschiedensten Ausrichtungen – Senioren, Kinder, Flüchtlinge etc.

www.freiwillig.hamburg.html

Eine Freiwilligenagentur mit Datenbank und Informationen.

www.ff-wedel.freiwilligenforum.de

Eine gute Anlaufstelle für Wedel mit verschiedenen Projekten von der Nachbarschaftshilfe über Besuchsdienste, Erzählkreise bis zum Vorlesen für Kinder.

www.asb-hamburg.de

Hier findet sich unter anderem eine Datenbank mit Angeboten für Ehrenamtliche.

www.johanniter.de

Hier findet sich unter anderem eine Datenbank mit Angeboten für Ehrenamtliche.

Autor: tim.holzhaeuser(at)kloenschnack.de

Edeka Volker Klein

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