2. März 2017
Magazin

Ja – Nein – Vielleicht 

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PARTNERSCHAFT

Ja – Nein – Vielleicht 

Willst du mit mir gehen?

Imponieren und signalisieren: Nicht nur der Bachelor überbringt mit einer Rose eine Liebesbotschaft FOTO: KAESLER MEDIA-FOTOLIA.COM
Imponieren und signalisieren: Nicht nur der Bachelor überbringt mit einer Rose eine Liebesbotschaft FOTO: KAESLER MEDIA-FOTOLIA.COM
Hier eine übererotisierte Gesellschaft, dort so viele Single-Haushalte wie nie zuvor. So umwerben zahllose mal mehr, mal weniger seriöse Internet-Portale nach Liebe dürstende Menschen. Geblieben ist, trotz zahlloser Angebote, der Wunsch nach direkter Begegnung.

Die Liebe sei ein seltsames Spiel. „Sie kommt und geht von Einem zum Anderen.“ Das trällerte die amerikanische Schlagersängerin Connie Francis vor gut einem halben Jahrhundert. Später heißt es in dem Song: „Fast wären wir zum Standesamt gegangen, bis plötzlich alles so verändert war.“ So viel zu dem Gedanken: Früher war alles besser.

Geblieben ist die Idee von der großen Liebe. Vom großen Glück. Von der immerwährenden Leidenschaft. Von Treue und Vertrauen. Das Wesen der Liebe blieb, die Erscheinungen änderten sich. Wollte eine Sängerin den Songtext für die Generation Tinder aufbereiten, dann sänge sie: „Die Liebe kommt und geht von einem Wisch zum nächsten.“

Tatsächlich begegnen sich paarungswillige Menschen heute so im Netz wie einst in der Eisdiele, beim Tanztee oder der Disco.

Die heißt heute Club, statt Eisbechern werden Gin/Tonic bestellt, statt Twist wird Lindy-Hop getanzt. Geblieben ist häufig der Wunsch, nach dem Tanz nicht allein nach Hause gehen zu müssen.

„Fast wären wir zum Standesamt gegangen, bis plötzlich alles verändert war.“  

Single Herwarth Talkenberg schwimmt zu jeder Jahreszeit in der Elbe. Der promovierte Ingenieur lebt mit seinem zwölfjährigen Sohn in Blankenese.
Single Herwarth Talkenberg schwimmt zu jeder Jahreszeit in der Elbe. Der promovierte Ingenieur lebt mit seinem zwölfjährigen Sohn in Blankenese.
Wer in Hausschuhen und Bademantel vom heimischen Sofa aus auf Partnersuche geht, dem bieten sich vielfältige Möglichkeiten.

Monika Reinke, eine 46-jährige aus dem Schwarzwald stammende Angestellte, fand über ein Internet-Portal einen Freund fürs Herz und mehr. Zwei gescheiterte Ehen liegen hinter der zur Zeit in Wedel lebenden Frau. Trotz eines großen sozialen Umfeldes vertraute die lebenserfahrene Frau dem Netz. Im Zweifelsfall, das wird im Gespräch klar, vertraute sie doch eher der unmittelbaren Begegnung. „Da entwickelt sich eher ein Gespür für Sympathie.“ Eigenarten, die das Interesse gegen Null sinken ließen, seien schneller erkennbar. „Lautes Lachen, Schweißgeruch gehen gar nicht.“

Trotz der positiven Erfahrung ist das Vertrauen von Monika Reinke in Single-Börsen begrenzt. „Ich weiß von einem Portal, das mit Fotomodellen wirbt und so den Eindruck erweckt, diese Frauen suchten einen Mann.“ 

Tatsächlich sind Fakeprofile ein großes Problem, mit dem Nutzer zu kämpfen haben. Vorsicht also vor teuren Premium-Mitgliedschaften. „Verbraucher sollten wachsam sein: Profesionelle Fotos und erste Anfragen bereits kurz nach der Anmeldung können ein Hinweis auf Fakeprofile sein. Auch wenn der Gegenüber geplante Treffen mehrfach absagt oder vorschlägt, über eine kostenpflichtige Hotline zu telefonieren, sollten die Alarmglocken läuten“, rät Dr. Bernd Storm van’s Gravesande, Geschäftsführer und Mitgründer des Verbraucherportals „Aboalarm“. Selbst als seriös geltende Dating-Portale könnten schnell zur Kostenfalle werden. Statt einer Liebes- erwartet den Suchenden eine Einverständiserklärung. Ein Problem auch für Anbieter wie Parship, denn dauerhaft setzen Nutzer dann auf Anbieter wie Tinder, die auch kostenlos genutzt werden können. 

Erfahrungen mit Dating-Portalen hat auch Johann Riekers gemacht. Das Internet biete viele Chancen und habe deshalb seine Berechtigung, sagt der 46-jährige Bankangestellte. „Das Internet macht die Unverbindlichkeit einerseits deutlich. Andererseits hält es jede Aussage fest. Das war früher anders.“

Früher habe man das Gesicht kennen – gelernt, heute die Wunschvorstellung.“ Er lerne eine Partnerin lieber direkt auf einer privaten Party kennen, so der große, gutaussehende Mann. 

Statt einer Liebes- erwartet den Nutzer eine Einverständniserklärung  

Tatsächlich ist Johann Riekers auf vielen Partys, treibt Sport, ist politisch und karitativ unterwegs. So richtig gefunkt hat es schon länger nicht mehr. Dabei sind seine Ansprüche so verbreitet wie treibende Knospen im März. „Ich wünsche mir mehr Verbindlichkeit, den Mut auch unkonventionelle Wege gehen zu wollen und dabei das Wesentliche im Leben niemals zu vergessen.“ So wie viele andere Menschen, egal welchen Geschlechts, wünscht sich Johann Riekers „Herzenswärme, Fröhlichkeit und Spontanität.“ Eine Portion Sportlichkeit ist ebenso willkommen.

So wie Riekers, lange Jahre lebte er in Blankenese, derzeit in Eppendorf, halten die Menschen mehrheitlich nach wie vor lieber im Alltag die Augen offen, wenn es um die passende Liebe geht.

Es stimmt, dass sich durch das Internet ein Meer an Möglichkeiten eröffnet. Dabei droht aber auch, darin zu ertrinken. Einige halten das Internet für das Ende der Romantik, andere sehen in den Kuppel-Börsen schlicht ein Produkt unserer Zeit. Rund ein Drittel aller Partnerschaften in Deutschland werden über das Internet geschlossen. Wünsche werden bei den Börsen entgegengenommen wie in einem Auto- oder Einrichtungshaus. 

Größe, Augenfarbe, Hobbys und Vorlieben – alles wird statistisch ausgewertet. „Haben Partner unterschiedliche Schlaftemperaturen, dann gibt es Schwierigkeiten“, weiß ein Psychologe mit dem Spezialgebiet Partnervermittlung. 

Evelyn Scharrenweber mit Tochter Laura: „Ich bin auch ohne festen Partner ganz glücklich.“
Evelyn Scharrenweber mit Tochter Laura: „Ich bin auch ohne festen Partner ganz glücklich.“
Hoffnung ins Netz, wenn auch nicht ausschließlich, setzt auch Herwarth Talkenberg, Unternehmer und promovierter Ingenieur für Luft- und Raumfahrttechnik. Vor kurzem ist sein zwölfjähriger Sohn zu ihm von Rissen nach Blankenese gezogen. Während Job, Privatleben und Sport im Einklang sind, fehlt eine passende Partnerin. „In diesem Frühjahr werde ich aktiv“, sagt der 52-Jährige, der viel auf Partys geht und dort einen internationalen Freundeskreis pflegt. Beruflich war er viel in Südfrankreich und London unterwegs. Zu seinen eher seltenen Hobbys gehört das Bad in der Elbe – auch bei unangenehmen Temperaturen. 

„Wer ein Portal nutzt, muss nicht so viele Frösche küssen“, ist der geschiedene Mann von Kontaktbörsen überzeugt.

„Dick darf sie nicht sein“, so der sportliche Vater. Gesucht sei kein Püppchen, sondern eine gesunde Mischung aus extro- und introvertiert. „Sie sollte aber nicht nur Shoppen gehen und aus dem Hamburger Westen kommen.“ Denn er sei nicht bereit nach Ahrensburg zu ziehen. Allerdings: „Wenn der Blitz einschlägt, dann bin ich auch bereit, weit zu fahren.“

Sportlich, attraktiv kreativ, offen und herzlich sollen die Damen sein.

Und was wünschen sich die Frauen von den Männern? Vordergründig fallen die Antworten ganz ähnlich aus. Er sollte sympathisch sein, er sollte mich zum Lachen bringen und offen sein“, sagt eine 28-jährige Journalistin. „Das Netz käme für mich, hätte ich keinen festen Freund, durchaus infrage.“

Bei aller Ähnlichkeit der Wünsche, gibt es nach wie vor zwischen Männern und Frauen elementare Unterschiede. Deutlich wird das vor allem, wenn es ums Geld geht. Gerade in den Elbvororten ist sie unterwegs, die Trophäenfrau als Fetisch, mit der der Mann sich schmückt. Für die Autorin Barbara Vinken „eine Art Superdildo, mit dem man spazieren geht“. Die Literaturwissenschaftlerin und Modetheoretikerin hat zudem einen Unterschied zwischen Deutschland und Ländern wie Frankreich oder Italien ausgemacht. Danach geht es deutschen Frauen eher um Status und Einkommen, mediterranen Damen eher um die erotische Ausstrahlung eines Mannes.

„Es steckt Frauen im Blut, dass sie aufs Geld gucken“

Johann Riekers hat klare Vorstellungen von einer Lebensgefährtin. Sie sollte „Herzenswärme zeigen, Spontanität und Mut zu Neuem besitzen. Sie sollte sportlich sein und sich für soziale Projekte engagieren“.
Johann Riekers hat klare Vorstellungen von einer Lebensgefährtin. Sie sollte „Herzenswärme zeigen, Spontanität und Mut zu Neuem besitzen. Sie sollte sportlich sein und sich für soziale Projekte engagieren“.
Johann Riekers Erfahrung: „Es steckt Frauen im Blut, dass sie aufs Geld schauen.“

Wer offenen Auges durch die Straßen oder auf Partys geht, wird einen Satz der amerikianischen Journalistin und Humoristin Helen Rowland (1875–1950) sehr häufig bestätigt finden: „Wenn du siehst, wen einige Mädchen heiraten, weißt du, wie sehr sie es hassen müssen, ihren Lebensunterhalt selbst zu verdienen.“

Der Hintergrund der Trophäenfrauen ist schlicht: Frauen fahren tatsächlich auf Männer mit Status ab und stecken lieber immense Energie in ihr Aussehen, um mit einer guten Partie ihren gesellschaftlichen Status zu verbessern.

Richtig ist auch, dass trotz aller Emanzipation Frauen allzu gern in alte, angeblich überholte Rollenmuster verfallen. „Sie geben sich super emanzipiert, doch geht es im Restaurant ums Bezahlen, halten sie sich vornehm zurück“, so ein Mann, der seinen Namen nicht gedruckt sehen möchte. Gern ließen sie sich einladen, doch dann müssten sie „die Kinder ins Bett bringen“. Der Hintergrund des gänzlich unterschiedlichen sexuellen Verhaltens von Männern und Frauen hat bereits Charles Darwin (1809–1882), frei von jeglicher Romantik, beschrieben.

Darwin definierte das evolutionäre Standardmodell der menschlichen Sexualität so: Der Mann ist genetisch dazu prädestiniert, seinen reichlich vorhandenen Samen möglichst weit zu streuen, während die Frau ihre wertvollen reproduktiven Organe sorgfältig hütet und schließlich das Männchen ranlässt, welches auch geeignet erscheint, die Kinder aufzuziehen. Der Mann muss Untreue unterbinden, um seine Energie nicht auf Kuckuckskinder zu verschwenden, die Frau will sicherstellen, dass der Mann seine Ressourcen nicht mit anderen Frauen teilt.

Was das alles mit den modernen Formen des Kennenlernens zu tun hat? Die Prämissen für das erste Date haben sich im Wesen kaum verändert. Allein die Möglichkeiten sind heute so zahlreich geworden, dass sie zu neuer Tristesse führen können.

„Eine Freundin von mir hat mit Parship gute Erfahrungen gemacht. Sie hat einen Arzt kennengelernt und ist heute mit ihm verheiratet“, so die Geschäftsfrau Evelyn Scharrenweber. Die gebürtige Österreicherin führte lange Jahre ein Geschäft in Eppendorf und Winterhude. Heute lebt und arbeitet sie in Blankenese.

Sie ist Mutter einer 28-jährigen Tochter und lebt seit einigen Jahren allein. Sie zählt zu den vielen Singles, die sich in ihrem Alleinleben eingerichtet haben. Mit zunehmendem Alter sei es zudem schwieriger, jemanden kennenzulernen, so die 54-Jährige. Das bedrückt die attraktive Frau nicht. „Ich bin mit meinem Leben zufrieden.“ Dazu wedelt der Golden Retriever „Duke“ bestätigend mit der Rute.

Ob das sogenannte „Parship“-Prinzip einen bei der Partnersuche weiterbringt, ist zumindest zweifelhaft. Für Hugo Schmale, Psychologe, Philosoph und Erfinder der „geheimen Liebesformel“, sind die Probleme beim Versuch, andere Menschen kennenzulernen, heute die gleichen wie früher. Er nennt das „soziale Erwünschtheit“.

„Wenn sich jemand bei einer Firma vorstellt, dann überlegt er sich: Was muss ich sagen, damit ich genommen werde, und nicht: Wer bin ich.“ Das sei gefährlich, im Beruf genauso wie privat: Man trifft sich und verstellt sich, um zu gefallen. Der andere verstellt sich auch. Und am Ende sind beide erschrocken, weil sie eigentlich gar nicht zusammenpassen.

„Die Liebe ist ein seltsames Spiel“, Strophe vier: „Doch dann hast du aufs neu sein Herz verloren, nur darum bin ich wieder einsam heut.“

Autor: helmut.schwalbach(at)kloenschnack.de

Redaktionelle Mitarbeit: Louisa Heyder 

Kontaktbörse im Netz:

Parship hat mehr als 120.000 tägliche Nutzer in Deutschland, über 5,2 Millionen Deutsche insgesamt und über 11 Millionen registrierte Mitglieder in Europa. Davon sind 51 Prozent weiblich. Damit ist Parship eine der größten Singlebörsen im Netz.

www.parship.de


ElitePartner
wirbt damit, die Kontaktbörse für Akademiker und Singles mit Niveau zu sein. Das Portal hat täglich etwa 60.000 Nutzer, über 3,8 Millionen Deutsche insgesamt, wovon 54 Prozent weiblich sind.

www.elitepartner.de


eDarling kostet 27,90 Euro im Monat, hat etwa 40.000 tägliche Nutzer und über 15 Millionen registrierte Mitglieder in Europa..

www.edarling.de


Love Scout 24 ist eine eher ungezwungene Internet-Flirtseite, auf der sich Personen auch einfach nur austauschen können, ohne, dass es zu einem Date kommt. Die Seite hat rund 200.000 tägliche Nutzer und über 32 Millionen registrierte Mitglieder weltweit.

www.lovescout24.de


Tinder ist eine in Deutschland sehr beliebte Dating-App fürs Handy, auf der Bilder von Singles im näheren Umfeld angezeigt werden. Je nach Gefallen wischt man auf dem Gerät nach rechts oder links. Haben beide Personen angegeben, dass ihnen das Aussehen zusagt, können sie miteinander chatten. Unter den Teilnehmern befinden sich 46 Prozent dennoch in einer festen Beziehung.

Im Android- und Apple-Store

neu.de ist ein Portal, auf dem sich Neuhinzugezogene austauschen und treffen können. Die Seite hat über 100 Millionen Nutzer weltweit, wovon 45 Prozent weiblich sind. 

www.neu.de


Lovoo ist ähnlich wie Tinder eine App fürs Handy, auf der sich über 15 Millionen registrierte Mitglieder in Deutschland und 40 Millionen weltweit kostenlos zusammenfinden können. Dabei geht es den meisten Nutzern – so der Ruf der App – nicht unbedingt um eine feste Verbindung. Nur 36 Prozent der Nutzer sind weiblich.

Im Android- und Apple-Store 

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