1. November 2016
Magazin

Ein Krankenhaus der besonderen Art

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ALTONAER KRANKENHAUS

Ein Krankenhaus der besonderen Art

Zwischen Heilung und Hoffnung

Die Asklepios Klinik Altona bietet beste medizinische Versorgung für Hamburgs Westen. Ein Rundgang über das Gelände und durch die Stationen – sowie in den unterirdischen Bunker. 

Die Asklepios Klinik Altona ist seit 1971 in Betrieb FOTO: ASKLEPIOS KLINIK ALTONA / BERTRAM SOLCHER
Die Asklepios Klinik Altona ist seit 1971 in Betrieb 

FOTO: ASKLEPIOS KLINIK ALTONA / BERTRAM SOLCHER
Dass die Asklepios Klinik Altona kein gewöhnliches Krankenhaus ist, zeigt sich bereits vor dem Betreten des Gebäudes. Es ist nicht wie oft üblich der Geruch nach Desinfektionsmittel, der den Besucher empfängt. Es ist vielmehr der Duft nach frisch gegrillten Burgern, der einem in die Nase steigt. Einmal in der Woche steht der „Meatwagen“ vor dem Haupteingang des Krankenhauses und verkauft Burger mit Rindfleisch und Preiselbeerketchup oder Hähnchenbrust in Mangomarinade an Personal, Patienten und Besucher.

Aber nicht nur der Mittagstisch aus dem Foodtruck macht den Unterschied zu anderen Krankenhäusern. Unter dem Dach der Klinik Altona gibt es 15 verschiedene Fachabteilungen, von der Anästhesie über die Gynäkologie bis zur Neurologie.

Hinzu kommen zwei Privatstationen. Die Zusammenarbeit der Abteilungen ist ein besonderes Merkmal des Krankenhauses: „Uns zeichnet die starke interdisziplinäre Arbeit aus“, sagt Andrea Castillo-Sohre, Referentin für Public Relations und Marketing. „Die Chefärzte arbeiten eng verzahnt miteinander.“ 

Guenter Klose im Bunker unter der Klinik. Heute lagern hier nur noch Akten FOTO: CRISTINA PRINZ
Guenter Klose im Bunker unter der Klinik. Heute lagern hier nur noch Akten FOTO: CRISTINA PRINZ
Eines dieser eingespielten Teams ist das der Gastroenterologie und der Allgemein-, Viszeral- und Gefäßchirurgie. Die fast namensgleichen Chefärzte der Abteilungen Professor Dr. Jürgen Puhl und Privatdozent Dr. Gero Pohl leiten gemeinsam die GastroClinic.

Sie kamen zusammen aus Berlin nach Hamburg und treten auch bei Vorträgen als Team auf. „So sieht gelebter Alltag in unserer Klinik aus“, sagt Andrea Castillo- Sohre. Die Mediziner Pohl und Puhl sind zwei von insgesamt 290 Ärzten.

Dieses Jahr kommt das 50.000. Baby in der Klinik zur Welt

Die Zahlen lassen erahnen, was für ein gigantischer Apparat rund um die Uhr, 365 Tage im Jahr arbeitet. Allein im vergangenen Jahr nahm das Krankenhaus 37.800 Patienten stationär auf und behandelte 62.000 Menschen ambulant. Es gibt 555 Krankenpfleger, 169 Auszubildende und 85 weitere Mitarbeiter. Die Klinik hat zwei Privatstationen und betreibt eine Kantine und Kindertagesstätte. 

Ein einzigartiger Blick: Vom 18. Stock des Krankenhauses sieht man Hafen und Köhlbrandbrücke FOTO: ASKLEPIOS KLINIK ALTONA / BERTRAM SOLCHER 
Ein einzigartiger Blick: Vom 18. Stock des Krankenhauses sieht man Hafen und Köhlbrandbrücke FOTO: ASKLEPIOS KLINIK ALTONA / BERTRAM SOLCHER 
Eine Zahl wird dieses Jahr Anlass zum Feiern geben: Die Geburtsstation erwartet ihr 50.000. Baby seit Bestehen der Klinik! Im Jahr 2015 kamen hier 3.100 Babys zur Welt, in diesem sind es bereits 2.600. Im Zuge der Renovierung der Perinatalstation erhöhte das Krankenhaus die Zahl der Kreißsäle von drei auf acht, baute die Familienzimmer aus und richtete Wehenzimmer ein. Kosten: neun Millionen Euro. 

Hörgeräte Dornis
Im 18. Stock des Gebäudes befindet sich die Palliativstation mit zehn Einzelzimmern zur Behandlung schwer kranker Patienten. Von hier aus überblickt man die Stadt in alle Himmelsrichtungen. Andrea Castillo-Sohre: „Wir wollen den Patienten den Aufenthalt so angenehm wie möglich gestalten.“ Die Station wurde zu Beginn des Jahres neu eröffnet. 

Ein Besucherraum auf der Privatstation FOTOS: ASKLEPIOS KLINIK ALTONA / KRISTIAN GORETZKI - LICHT PIXEL FOTOGRAFIE 
Ein Besucherraum auf der Privatstation 

FOTOS: ASKLEPIOS KLINIK ALTONA / KRISTIAN GORETZKI – LICHT PIXEL FOTOGRAFIE 
Nach der Renovierung der Geburtsstation und dem Bau der Palliativstation wurde gerade der Brandschutz für rund acht Millionen Euro modernisiert. Die nächste umfassende Sanierung betrifft die Intensivstation: Hier sind 15 Millionen Euro eingeplant. Ist eine Sanierung beendet, steht schon die nächste an.

Ein Grund dafür ist das Alter des Gebäudes. Das Krankenhaus wurde 1971 in Betrieb genommen. Federführend war der Hamburger Architekt Werner Kallmorgen, der auch das Spiegel-Hochhaus entworfen hat. Heute steht die Klinik Altona unter Denkmalschutz. Guenter Klose, Projektkoordinator der Klinik Altona: „Das macht so manche Sanierung schwierig.“ Beispiel Fassade: „Weil diese in ihrer Ansicht erhalten bleiben muss, heizen wir das Umfeld mit“, so Klose. 

Ein Zimmer auf der Privatstation
Ein Zimmer auf der Privatstation
Hotel oder Krankenhaus? Pflegeprodukte und eine Blume erwarten den Patienten auf der Privatstation 
Hotel oder Krankenhaus? Pflegeprodukte und eine Blume erwarten den Patienten auf der Privatstation 
Eine Erinnerung an den Bau der Klinik zur Zeit des Kalten Krieges ist der Bunker, auf dem das Gebäude steht. Wer die Treppe ins zweite Untergeschoss nimmt, steht vor einer verschlossenen grauen Stahltür mit einem riesigen Hebel. Es ist der Eingang zum Atombunker. 354 Personen konnten hier Schutz finden. Es gibt zwei OP-Säle, einen Röntgenraum, zwei Notstromgeneratoren, Wasserversorgung, Luftanlage und Telefone. Der Bunker war nicht, wie man vermuten mag, für die Unterbringung des Klinikpersonals im Falle eines Atomangriffs gedacht. 


Die Kapelle im ersten Untergeschoss der Klinik. Jeden Sonntag finden hier Gottesdienste statt 
Die Kapelle im ersten Untergeschoss der Klinik. Jeden Sonntag finden hier Gottesdienste statt 

Der Atombunker dient heute als Lager für Akten

Vielmehr sollte die Bevölkerung aus dem Umland hierher flüchten können. Der Bunker hatte aber vor allem eine Funktion: Er diente der Finanzierung des Krankenhauses, insbesondere des Fundaments. Denn während des Kalten Krieges förderte die Stadt derartige Bauvorhaben. Nach dem Fall der Mauer wurden sämtliche Sanitärinstallationen, Stühle und Betten ausgebaut. Heute beherbergt der Bunker nur noch Regale voller Akten. 

Im Falle eines Atomangriffs konnte verstrahlte Kleidung in einen Schacht hinter dieser Klappe geworfen werden FOTOS: CRISTINA PRINZ
Im Falle eines Atomangriffs konnte verstrahlte Kleidung in einen Schacht hinter dieser Klappe geworfen werden FOTOS: CRISTINA PRINZ
Das Telefon rechts aus der Zeit des Kalten Krieges diente der Kommunikation innerhalb des Bunkers. Das Telefon links aus der heutigen Zeit ist voll funktionsfähig 
Das Telefon rechts aus der Zeit des Kalten Krieges diente der Kommunikation innerhalb des Bunkers. Das Telefon links aus der heutigen Zeit ist voll funktionsfähig 
Ein Stockwerk über dem Bunker befindet sich der „Raum der Stille“, eine Kapelle mit Orgel und Altar. Jeden Sonntag finden hier Gottesdienste statt für Patienten – auch die im Rollstuhl oder Krankenhausbett.

Die Notaufnahme der Klinik Altona ist eine der größten Notaufnahmen Norddeutschlands mit durchschnittlich 160 Patienten am Tag. Gerade an den Wochenenden sind es mehr und mehr Minderjährige, die eingeliefert werden. „Wir haben hier immer wieder schwer alkoholisierte Jugendliche“, sagt Andrea Castillo-Sohre. „Das ist ein schrecklicher Anblick.“ Die meisten Jugendlichen kommen von den Trinkgelagen am Elbstrand oder im Goßlers Park.

Die Klinik sieht diese Entwicklung mit Sorge: „Es sind nicht die infolge von jahrzehntelangem Alkoholkonsum Kranken, sondern die junge Generation, die in kürzester Zeit Unmengen an Alkohol trinkt.“ Das Krankenhaus sieht sich in der Verantwortung, Kinder bereits ab der 4. Klasse über die Gefahren von Alkohol und Zigaretten aufzuklären. 

Regalreihen voller Akten lagern im Bunker 
Regalreihen voller Akten lagern im Bunker 
Der Gang verbindet die zwei Flügel des Bunkers miteinander
Der Gang verbindet die zwei Flügel des Bunkers miteinander
Ein Patient mit Kehlkopfkrebs berichtet von seinem Leben mit einem Gerät zum Sprechen und einem anderen zum Atmen. Rauschbrillen simulieren einen Alkoholgehalt von 1,3 Promille und die damit verbundenen Sehstörungen. Weil diese Übung für die Kinder meist mehr Spaß als Ernst ist, besichtigen sie anschließend die Notaufnahme mit den Ausnüchterungsräumen. Das hinterlässt einen bleibenden Eindruck. Der, so hoffen alle Klinikmitarbeiter, noch lange anhält …

Autorin: Cristina Prinz, textprinz(at)gmail.com 

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