2. Februar 2017
Magazin

„Binnenland trifft See“

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INTERVIEW

Politik

Peter Gauweiler, CSU
„Binnenland trifft See“

„...dem politischen Tod ins Auge sehen.“
„…dem politischen Tod ins Auge sehen.“
Am Rande des Blankeneser Neujahrsempfangs sprach der KLÖNSCHNACK mit Peter Gauweiler, CSU-Mann, Rechtsanwalt und Publizist.

Herr Gauweiler, Sie waren stellvertretender CSU-Parteivorsitzender und Umweltminister. Sie waren in Bayern auf politischer Bühne alles, was man überhaupt sein kann. Wenn Sie die Wahl hätten, welchen Posten würden Sie heute übernehmen?

Politisch ist man, bis man stirbt. Irgendwann auf der Lebensreise merkt man, dass es nicht so sehr auf die formalen Posten ankommt. Politik ist Richtungsbestimmung, an der man ohne jedes Amt mitwirken kann.

Wenn man derzeit den Kommentatoren glaubt, dann wird der bevorstehende Bundestagswahlkampf besonders hart.

Ich glaube das nicht. Wenn man den ganzen Qualm wegbläst, sind die Unterschiede der Parteien nur auf dem Millimeterpapier sichtbar. Jeder weiß, dass es wieder zur großen Koalition kommen wird. Und um das zu kaschieren, wird viel Rauch und natürlich auch Lärm produziert.

Wir groß sehen Sie die Gefahr von Rot-Rot- Grün?

Daran glaube ich nicht. Das ist ein Druckpotenzial, wie es umgekehrt die CDU mit der FDP und den Grünen versucht. Das ist mindestens genauso nah. Die wirklich entscheidende inhaltliche Debatte wird daran vorbei geführt: Geht der Substanzverlust unseres Landes weiter? Beteiligt sich Deutschland zu seinem Nachteil weiter an militärischen Interventionen in aller Welt? Ist mit der europäischen Union die Jacke richtig oder falsch eingeknöpft? Die Beunruhigung über all dies treibt die Wähler aller Parteien um.

Sie glauben nicht, dass das Flüchtlingsthema den Bundestagswahlkampf dominiert?

Dieses Thema bestimmt Stimmung, lässt beide große Volksparteien, die im demokratischen Haus 50 Jahre lang Nachbarn waren, um ihren Bestand fürchten und zwingt sie, gegen ihren Substanzverlust anzukämpfen. Damit ihr Gründungsauftrag nicht in Vergessenheit gerät: die Schutzfunktion von Schwarz und Rot für die arbeitende bürgerliche Bevölkerung. Beide Parteien wissen, dass sie dem politischen Tod ins Auge sehen werden, wenn sie sich dagegen nichts einfallen lassen. Und die Debatte fokussiert sich nur vordergründig in der Person Angela Merkel.

Welche Rolle spielt der Bundestag bei der Flüchtlingsfrage?

Keine. Der Bundestag hat, vertreten durch alle Parteien, der Öffnung der Grenzen nirgendwo widerspochen. Die einen haben sich vor der Abstimmung gedrückt, weil sie Frau Merkel nicht in den Rücken fallen, die anderen, weil sie ihr nicht zustimmen wollten.

War die Öffnung der Grenze ein Bruch von Gesetzen?

Es war ähnlich wie bei der Eurorettung: Es gibt kein Gesetz, das da nicht gebrochen wurde.

Wie erklären Sie es sich, dass kein Bundestagsabgeordneter aufgestanden ist?

Ich kann es mir nicht erklären – ich habe ja auch den Bundestag verlassen.

Sie haben zur Zeit wenige Verbündete.

Das stimmt. Die mir zustimmen, sind nicht unbedingt die Leute aus der Berliner Politik, dafür aber aus allen Richtungen der Bevölkerung und das sind – wie man lesen konnte – über 80 Prozent.

Gab es noch andere Gründe, dass Sie den Bundestag verlassen haben?

Zentrale Gründe waren die sogenannte Eurorettung und die Auslandseinsätze der Bundeswehr. Nochmal: Bei beidem gab es keine Regel, die man nicht – nachdem sie mühsam aufgestellt war, auch um die eigene Bevölkerung zu beunruhigen – verletzt hatte. Angeblich war ja beim Euro alles vorher abgesichert: Stabilitätskriterien und Souveränität der Notenbanken. Weil nichts davon blieb, bin ich vor das Bundesverfassungsgericht gezogen. Irgendwann kam für mich der Schnitt, wo man nicht mehr zu einem solchen Gremium gehören will, das immer das Gegenteil von dem tut, was es vorher beschlossen hat. Mein Abschied war nicht mit dem großen Theater verbunden. Ich bin ein alter CSUler bis ich sterbe, aber die Berliner Linie, konnte ich so nicht mehr, zumindest vor mir selbst, vertreten. Ein weiterer Punkt für meinen Abschied war, dass mit unserer Hilfe der Westen 15 Jahre islamische Länder bombardiert hat und sich jetzt vor den Trümmern dieser Politik sieht. Sie reiben sich verwundert die Augen, dass die Söhne dieser Länder sich in unseren U-Bahnhöfen und Weihnachtsmärkten auf ganz andere Weise für diese Wohltat revanchieren, als das gedacht war.

Ein hochrangiger FDP-Politiker hat im vergangenen Jahr vermutet, dass Angela Merkel das Jahr 2016 politisch nicht überlebt. Wäre es eine Option für Sie, in die Politik zurück zukehren, falls die Bundeskanzlerin stürzt?

Nein, man kann das nicht nur auf eine Person fokussieren. Ja, Angela Merkel ist die zentrale Figur und seit Maria Theresia hat im deutschsprachigen Raum keine Frau so viel Macht auf sich vereint. Im Streit um ihre Person bündelt sich das Pro und Kontra der Flüchtlings debatte. Aber in der Demokratie tragen die Verantwortung für diesen Weg alle gemeinsam. Sie haben sich ja auch im Positiven gemeinsam feiern lassen, als die anderen sagten: Das haben die Deutschen großartig gemacht, das war richtig, da etwas zu tun. Not kennt kein Gebot! Nur: Eine Millionen Menschen aufzunehmen und dann erkennbar nicht zu wissen, was man mit ihnen anfängt, ihnen jede Tagesgestaltung zu erlauben, nur eine nicht, eine anständige Arbeit aufzunehmen – die Verantwortung für diesen Wahnsinn tragen alle zusammen.

Wie stellt sich Hamburg und der Norden dar aus der Perspektive eines Müncheners?

Binnenland trifft die weite See! Für unsereinen ist es immer etwas Besonderes hier in Hamburg zu sein. Wir Bayern bewundern die Hamburger aus dem Gesichtspunkt des Unerreichten. Wir kennen das Meer nur als Badestrand. Für euch öffnete es den geschichtlichen Weg zu Freiheit und zur weiten Welt. Wir wissen alle um die Unterschiedlichkeit der geschichtlichen Befindlichkeiten und sehen diese als das eigentlich Positive an Deutschland. Die Hanse, der Freistaat – beide haben ihren Eigenwert und sind nicht wie in anderen Nationalstaaten, Frankreich zum Beispiel, auf nur eine Metropole konzipiert. Bei Euch und bei uns wird der Unterschied als Wert gesehen.

Bleiben Sie länger und gehen zur Eröffnung der Elbphilharmonie?

Leider nein, aber wir haben uns für morgen eine Hafenrundfahrt genehmigt. Die habe ich zuletzt vor 60 Jahren mit meinen Eltern gemacht. Ich will dieses Weltwunder wenigstens von außen genau anschauen und fahre mit einer Barkasse um die Elbphilharmonie herum.

Haben Sie als Münchener eine Botschaft für die Hamburger?

Die Leute werden mit Botschaften schon überschüttet. Ich kann nur sagen, dass ich mich hier sehr wohlfühle.

Fragen: helmut.schwalbach(at)kloenschnack.de

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