4. Januar 2016
Magazin

Antidemokratische Tendenzen

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FLÜCHTLINGE

Antidemokratische Tendenzen

Stellungnahme der Rissener Bürgerinitiative VIN

Diskussion mit Bewohnern von Rissen im November vergangenen Jahres
Diskussion mit Bewohnern von Rissen im November vergangenen Jahres
Die Rissener Initiave VIN steht für „Vorrang für Integration und Nachhaltigkeit“. Ausdrücklich richtet sie sich nicht gegen Flüchtlinge. Das geplante Großprojekt „Rissen 45“ leht sie jedoch vehement ab.

Christina Schröder, Frau Spaeth, wie waren Ihre erste Reaktionen auf die Entscheidung der Altonaer Bezirksversammlung?
Die Entscheidung der Altonaer Bezirksversammlung war zu erwarten. SPD und die Grünen waren gewillt, ihren Antrag zu beschließen und hatten dazu in der öffentlichen Abstimmung die Mehrheit. Wir sind allerdings empört über die Art und Weise, mit der dieser Antrag durchgepeitscht wurde. Klar geworden ist, dass die Regierungsparteien entgegen ihren vollmundigen Ankündigung keinerlei echte Bereitschaft zum Dialog mit uns Bürgern zeigen und Zusagen nicht eingehalten werden. Die „Arroganz der Macht“ ist hier deutlich zu spüren gewesen. Der Trend zu mangelnder Bürgerbeteiligung und damit offensichtlichen antidemokratischen Tendenzen erfüllt uns mit großer Sorge. In der Sache vermuten wir jedoch ohnehin, dass die Bezirksentscheidung möglicherweise gar keine Auswirkung haben wird. 

Der Bezirk hat bei diesem Thema ohnehin wenig zu melden …
Der Hamburger Senat kann nach wie vor von seinem Evokationsrecht Gebrauch machen und die ursprüngliche Planung mit 800 Wohneinheiten ausschließlich zur Unterbringung von zirka 4.000 Flüchtlingen durchsetzen. Eine Aussage von Senatorin Dr. Dorothee Stapelfeld am 3. Dezember im Stadtentwicklungsausschuss deutet darauf hin, dass eben genau diese Planung durch den Senat weiterverfolgt wird. Wichtig war für uns das Signal aller Oppositionsparteien, geschlossen gegen den Antrag zum Bau der Großwohnsiedlungen zu stimmen. Interessanterweise benutzten sie dafur die gleichen Argumente, die auch wir anführen. Die Regierungsparteien stehen damit in Altona allein auf weiter Flur mit ihren Plänen zu den ghettoähnlichen „Olaf-Scholz-Siedlungen“. Sie isolieren sich damit aber nicht nur politisch, sondern stehen mit ihrer Politik auch gegen die Lehrmeinung von renommierten Wissenschaftlern wie zum Beispiel dem Stadtsoziologen Professor Friedrichs, der in Vorträgen und Publikationen eindringlich vor den Folgen solcher integrationsfeindlichen Unterbringungsmaßnahmen warnt.

Welche Möglichkeiten sehen Sie, doch noch Ihre Vorstellungen durchzusetzen?
Noch ist nichts final entschieden und mit dem Bau wurde noch nicht begonnen, das heißt, wir haben noch einige Möglichkeiten. Wir prüfen juristische Schritte und haben dazu den erfahrenen Fachanwalt Gero Tuttlewski eingeschaltet. Für „Rissen45“ also das Gebiet, das zur Großsiedlung ausgebaut werden soll, existiert ein rechtsgültiger Bebauungsplan. Wir werden dafür kämpfen, dass die Vorgaben dieses Bebauungsplans eingehalten werden, der in einem langwierigen demokratischen Verfahren unter Berücksichtigung aller Faktoren erarbeitet wurde. Entscheidend wird es sein, die breite Masse der Bevölkerung gegen den falschen Weg der Politik weiter zu mobilisieren. Wir sind dabei, einen Dachverband aller Bürgerinitiativen zu gründen, und wir werden auf den Plätzen und bei eigenen Informationsveranstaltungen vor Ort aktiv sein und aufklären.

Wie reagieren Rissener auf das Bauvorhaben für Flüchtlinge?
Wir haben inzwischen fast 1.400 Abonnenten unseres Newsletters und viele weitere Besucher auf unserer Homepage oder unserem Blog. Das Interesse an transparenter Information ist also sehr groß. Das spüren wir auch in den vielen Gesprächen mit den Bürgern an unseren Infoständen und auf den Informationsveranstaltungen. Überall ist die Sorge vor einer Überforderung des Stadtteils spürbar. Die Rissener Bürger möchten sich dabei der Verantwortung stellen und lehnen das Bauvorhaben für Flüchtlinge nicht generell ab ganz im Gegenteil. Wir wissen, dass auch in Rissen die Bereitschaft zu helfen und sich zu beteiligen groß ist. Manch einer hat schon jetzt Erfahrung durch Mitarbeit in Sieversstücken, nimmt Kontakte zu Flüchtlingen auf und leistet wertvolle Integrationsarbeit. Die Helfer möchten unbedingt weiter zur gelingenden Integration beitragen und wissen sehr genau, wovon sie sprechen. Gerade sie üben an den Plänen von Bezirk und Senat sehr deutlich Kritik – bis hin zur eigenen Kapitulation. Unverständnis und Sprachlosigkeit, auch mal Wut erleben wir in Bezug auf die nicht vorhandene Bürgerbeteiligung und als Reaktion auf unsere Live-Berichte aus diversen Ausschusssitzungen

Wie beurteilen Sie das Vorgehen des Hamburger Senats?
Das Vorgehen des Senats ist geprägt von blindem Aktionismus statt planvollem Handeln, von „Basta“-Politik statt Dialogbereitschaft. Wir kritisieren diese Politik auf das Schärfste. Besonders kritisch beobachten wir gerade die Einschränkung der demokratischen Rechte unter dem Deckmäntelchen einer vermeintlichen „Notlage“. Das wird akut sichtbar durch das „Baubeschleunigungsgesetz“, das im Januar 2016 verabschiedet werden soll und das es ermöglichen wurde, Bauvorhaben ohne vorliegende Baugenehmigung durchzuführen. Für den Fall der nachträglichen Ablehnung der Baugenehmigung würde dann sogar die Bürgschaft für einen Rückbau übernommen. Die Bürgerschaft hat Anfang Dezember über weitere Bürgschaften des Bundes für Flüchtlingsbauprojekte dieser ART in Höhe von 970 Millionen Euro (gegenüber 40 Millionen) in diesem Jahr) entschieden! Ohne Bürgerbeteiligung wurde dieser Tagesordnungspunkt in einem schnellen Verfahren auf die Agenda gebracht. 

Wo sehen Sie Verbündete in Ihrem Kampf?
Verbündete gibt es also fast überall – leider einzig nur nicht bei den Regierungsparteien im Senat, die sich dem Dialog mit uns an der entscheidenden Stelle widersetzen. Deshalb möchten wir insbesondere Olaf Scholz dazu aufrufen, hier mit uns ins Gespräch zu kommen. Dieses Thema zur „Chefsache“ zu erheben und mit einem professionellen Projektmanagement im Rücken gemeinsam mit uns Lösungen zu erarbeiten, die in einigen Jahren nicht in neuen sozialen Brennpunkten münden, sondern innovative „Leuchtturmprojekte“ für die Integration von Flüchtlingen darstellen.

Fragen: helmut.schwalbach(at)kloenschnack.de

www.vin-rissen.de

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