1. November 2017
Magazin

„Missbrauch gibt es überall“

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MENSCH DES MONATS

„Missbrauch gibt es überall“

Vera Falck, Vorstand Dunkelziffer e.V.

Mit dem dunklen Thema sexueller Missbrauch von Kindern möchte sich kaum jemand freiwillig beschäftigen. Doch Vera Falck von Dunkelziffer e.V. erklärt, wie wichtig Enttabuisierung ist.

Vera Falck in einem Therapieraum des Vereins.
Vera Falck in einem Therapieraum des Vereins.
Mit dem dunklen Thema sexueller Missbrauch von Kindern möchte sich kaum jemand freiwillig beschäftigen. Doch Vera Falck von Dunkelziffer e.V. erklärt, wie wichtig Enttabuisierung ist.

Oh Gott, was habe ich verbrochen!“, ging Vera Falck als erstes durch den Kopf, als sie im Juli den Brief vom Bundespräsidialamt bekam. Über den Inhalt konnte sie sich dann doch freuen: die Mitteilung über den Erhalt des Bundesverdienstkreuzes für ihre Arbeit und ihren Einsatz im Hamburger Verein Dunkelziffer. Am 4. Oktober überreichte ihr Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier persönlich im Schloss Bellevue den Preis. Dunkelziffer e.V. kämpft seit 1993 gegen den sexuellen Missbrauch von Kindern und Kinderpornographie. Besonders wichtig ist dabei, der breiten Öffentlichkeit dieses Tabuthema bewusst zu machen.

Als Vera Falck vor fast 20 Jahren eher zufällig bei Dunkelziffer anfing, war ihr das Ausmaß von sexuellem Missbrauch an Kindern völlig fremd: „Der Missbrauch hat mich fassungslos und wütend gemacht, doch die Not der Kinder hat angespornt, fachlich gute Hilfe zu leisten. Missbrauch passiert überall und in allen gesellschaftlichen Schichten.“

„Die Not der Kinder hat angespornt, fachlich gute Hilfe zu leisten.“

Circa 14.000 Missbrauchsfälle werden beim Bundeskriminalamt pro Jahr angezeigt, die Dunkelziffer liegt laut Experten jedoch 10- bis 15-mal höher. Jährlich erfahren also rund 200.000 Kinder im Alter bis zu 14 Jahre in Deutschland sexuelle Gewalt. Meist durch Täter aus dem nahen Umfeld. Im Team von Dunkelziffer e.V. arbeiten Diplompädagogen, Diplompsychologen sowie Kinder- und Jugendpsychotherapeuten mit den derzeit 22 Kindern zwischen 4 und 17 Jahren. Dabei gibt es unterschiedliche Therapieformen wie Psychotherapie und Musiktherapie, um das Erlebte zu verarbeiten. „Wenn Personen den Verdacht haben, ein Kind könnte Opfer von Missbrauch sein, ist es so wichtig, dem nachzugehen und sich an Vereine wie uns zu wenden“, sagt Falck. Dunkelziffer erstattet grundsätzlich keine Anzeige.

Die oberste Priorität ist, Opfer und Täter zu trennen. „Wenn der Täter aus der eigenen Familie kommt, zerbricht das gesamte soziale Gefüge. Da benötigen auch die Eltern und Angehörige professionellen Rat.“ Rat können sich auch Kindergärten und Schulen bei Dunkelziffer holen. Unter dem Motto „Wissen ist Macht“ sollen die Kinder präventiv unterstützt und das Selbstbewusstsein gestärkt werden, da sich ein aufgeklärtes Kind besser gegen Übergriffe wehren und sie auch als solche erkennen kann.

Der Verein finanziert sich vollständig aus Spenden, weshalb Unterstützung immer willkommen ist: Hamburger Sparkasse, IBAN DE15 2005 0550 1280 3339 96.

Autorin: louisa.heyder(at)kloenschnack.de

www.dunkelziffer.de

Ganztagsschule Jenisch-Gymnasium

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