2. März 2018
Magazin

Ein Stück Netz weniger

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UMWELT

Ein Stück Netz weniger 

Bracenet

Ehrenamtliche Gefahrentaucher bergen weltweit verfangene Fischernetze aus den Meeren
Ehrenamtliche Gefahrentaucher bergen weltweit verfangene Fischernetze aus den Meeren
Die Idee zweier Hamburger bewegt nicht nur die Meere, denn Bracenet ist mehr als nur ein Armband. Es ist ein einzigartiges Statement zum Schutz der Weltmeere vor zunehmender Verschmutzung durch Geisternetze.

Bereits Hobbytaucher bekommen die riesigen, teilweise bis zu zweieinhalb Kilometer langen Fischernetze in den Weltmeeren zu Gesicht, die sich wie dunkle Wände vor Tier und Mensch auftürmen. Zahlreiche Meereslebewesen wie Fische, Schildkröten und Delfine verenden qualvoll in den verlorengegangenen oder sogar absichtlich versenkten Netzen, die als sogenannte Geisternetze berüchtigt sind. Aufgrund des verarbeiteten Kunststoffes verbleiben diese schätzungsweise 800 Jahre im Wasser, bevor sie sich ansatzweise zersetzen.

Ein Anblick, der Madeleine von Hohenthal und Benjamin Wenke, ein junges Hamburger Ehepaar, 2015 bei ihrem Tauchurlaub an der afrikanischen Ostküste schockierte. „Der Gedanke, diese Netze zu bergen und etwas Sinnvolles mit ihnen zu machen, kam uns noch im Urlaub und ließ uns von da an nicht mehr los“, erzählt Madeleine. Die 29-Jährige und ihr 33-jähriger Mann wollten ein Upcyclingprodukt kreieren, bei dem das ursprüngliche Netz noch immer als solches erkennbar ist. „Jeden Tag soll die Erinnerung da sein, dass ein Stück Netz weniger im Meer treibt“, so Benjamin. Damit war Bracenet geboren, ein hübsches Armband aus Fischernetz in bunten Farben, das gleichzeitig die Weltmeere schützt.

Das Projekt kooperiert mit den Meeresschutzorganisationen Healthy Seas und Ghost Fishing, welche die Netze bergen. Somit tauchen für Bracenet mittlerweile über 150 ehrenamtliche Taucher weltweit, darunter viel in Neuseeland, Libanon, Griechenland, Italien, Kroatien, den Niederlanden und Norwegen. Ghost Fisher haben eine spezielle Ausbildung zum Gefahrentaucher durchlaufen und tauchen in Trockenanzügen über mehrere Stunden bis zu 50 Meter tief.

„Es ist wichtig, solche großen Probleme in kleinen Schritten zu bewältigen.“  
Der norwegische Konzern Nofir reinigt nach der Bergung die angelieferten Netze mit einem speziellen Verfahren. „Erst dann wird auch für uns die tatsächliche Farbe der Netze – und somit die der späteren Armbändersichtbar“, erklärt Benjamin. In Handarbeit werden die Netze in Deutschland zu Armbändern verarbeitet, wobei zwei Behindertenwerkstätten in Neumünster und Duisburg helfen. Vom Verkaufserlös des Onlineshops gehen zehn Prozent zurück an die Partnerorganisationen, die davon wiederum weitere Netze bergen. Ein nachhaltiger Kreislauf.
Jedes Bracenet ist durch die Handarbeit und unterschiedliche Beschaffenheit des Netzes ein Individuum. Ein beiliegendes Kärtchen gibt Auskunft über den Zeitpunkt der Bergung und den Abschnitt des Netzes, da diese beim Zuschneiden fortlaufend durchnummeriert werden. Der Onlineshop bietet neben dem Armband außerdem Schlüsselanhänger aus Geisternetzen sowie Taschen, Rucksäcke und Pullover aus ökologischer Fairtrade-Produktion an.

Die für die Meere so wichtige Präventionsarbeit wird durch Projekte wie Bracenet ebenfalls vorangetrieben. So geben Fischer immer häufiger darüber Bescheid, wenn sie Netze verloren oder losgeschnitten haben und teilen die Koordinaten an die Organisationen mit oder stellen sogar ihre Fischerboote mit Hebekran zur Bergung zur Verfügung. In die Jahre gekommene Netze übergeben einige Fischer direkt an Bracenet, bevor diese überhaupt noch einmal ins Wasser gelassen werden.

Madeleine und Benjamin möchten die Zusammenarbeit mit Firmen weiter ausbauen, um die Plastikprävention zu fördern. „Vor dem Projekt haben wir auch schon mal etwas gespendet, aber nun überreichen wir richtig große Spenden summen“, sagt Madeleine stolz. „Vor allem können wir jetzt sehen, dass wirklich etwas dadurch passiert und verändert wird. Es ist wichtig, solche großen Probleme in kleinen Schritten zu bewältigen. Jedes Netz zählt!“

Autorin: louisa.heyder(at)kloenschnack.de

bracenet.net

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