KOMMENTAR
Altonaer Gewaltnacht
GASTKOLUMNE: PETER SCHMIDT G20-Gipfel und eine Vorgeschichte
Das ist das bekannte Strickmuster von Schuldzuweisung und erklärt, warum der Versuch der Unterhöhlung der Rechtsordnung weiter voranschreitet. Ob der sich nun entfachende parteipolitische Streit zu einer Problemlösung führt, ist allerdings sehr zweifelhaft.
Dabei sollte endlich ein genauer Blick auf das Zentrum der sogenannten Autonomen, die „Rote Flora“, geworfen werden.
Sie entwickelt sich immer mehr zum europaweit wahrgenommenen Anlaufpunkt auch gewalttätiger „Alternativer“. Darüber sollten wachsweiche Lippenbekenntnisse auch dieses „Kultur“-Zentrums in Sachen Ablehnung exzessiver Gewalt nicht täuschen.
Zu erinnern ist an die Fernsehberichterstattung am ersten Gipfeltag. Dort kam einem Mann der „Interventionistischen Linken“, der schon im Voraus die Gewalt dem G20-Gipfel und nicht Kreisen der Protestszene zuschrieb, mittels ständiger Einbindung in die TV-Reportagen praktisch eine Moderatorenrolle zu. Er sprach vom Erfolg der Blockierungen und sagte diesen sybillinisch auch für die Nacht und den Folgetag voraus. Danach war er dann allerdings nicht mehr auf den Bildschirmen zu finden.
Zu erinnern ist auch an das breite Sympathisanten-Spektrum das von der Roten Flora im Quartier und darüber hinaus ausgeht. Die „Rote Flora“ wurde von der CDU sicher nicht herbei gewünscht. Aber man hat sich vor einigen Jahren mit ihr arrangiert. So schon im Vorfeld der Annäherung an die Grünen in der eigenen Senatszeit.
Überhaupt gilt: So lange es Räume und Quartiere gibt, in denen demokratische Parteien mit gewaltsamer Störung rechnen müssen und sie diesem Zustand nicht begegnen, ist es mit der Rechtsordnung nicht weit her.
Ein CDU-Bürgerschaftsabgeordneter wagte einen neuen Anlauf und wollte vor einigen Jahren einen Raum in der Roten Flora anmieten, was die Besetzer sofort ablehnten. Die Stadt gestand ihnen Handlungsfreiheit zu.
Auch das bedarf einer gründlichen Aufarbeitung. Wir stehen am Anfang eines Prozesses der Selbstüberprüfung und -vergewisserung, der alle demokratischen Parteien angeht.
Wenn da von Hamburg ein Signal ausginge, hätte der weltweit beachtete Gipfel in dieser Hinsicht ein positives Ergebnis. Überhaupt steht die Bestimmung, wer in der Staatengemeinschaft wie, wann und mit welchem Inhalt miteinander spricht, nicht radikalen Minderheiten zu. Es gibt genug Konflikte auf der Welt. Sie mit Gesprächen und nicht mit Kriegen zu bewältigen und dafür jede Gelegenheit zu nutzen, steht völlig im Kontrast zu den zerstörerischen Kräften der Extremisten auf der Straße.
Hamburg ist seit Langem Symbol für den Dialog auch mit Staaten, die nicht unserer Demokratievorstellung entsprechen. Dafür steht die Ende der 50er Jahre propagierte Politik „Band der Elbe“ des Senats, die Städtepartnerschaften mit Leningrad (St. Petersburg) und Dresden. Letztere vor 30 Jahren, noch zu DDR-Zeiten, geschlossen. Politikverdrossenheit und ihre Überwindung war eigentlich mein Thema. G20 hat alles verändert.
Den Rest gab mir die Stellungnahme des Sprechers der Autonomen in der Roten Flora. Der Anwalt (!) erklärte seine Sympathie für die Gewaltorgie. Ein Fehler wäre allerdings die Verwüstung in der Schanze statt in Blankenese oder Pöseldorf.
Geht’s noch?
Peter Schmidt