30. Juni 2017
Magazin

Ein diebisches Trio

<div general-layout-selector="#html_structura_area_v2

BEMERKENSWERTES 

Aus dem Amtsgericht
Ein diebisches Trio

Mittels Strafgesetzbuch lassen sich nicht alle Unwegbarkeiten des Lebens erfassen FOTO: ©STAUKE-FOTOLIA.COM
Mittels Strafgesetzbuch lassen sich nicht alle Unwegbarkeiten des Lebens erfassen 

FOTO: ©STAUKE-FOTOLIA.COM
Immer wieder erscheinen im Amtsgericht Angeklagte, die Zuhörer ratlos zurücklassen. Obwohl ihre Taten verabscheuungswürdig sind, stellt sich bei näherem Hinhören ein Gefühl der Ausweglosigkeit ein. Manchmal stoßen auch Kulturen aufeinander, die soviel miteinander zu tun haben wie ein Gesetzestext mit einem Lyrik-Bändchen.

Die Angeklagte Bridusa Patri* hält auf dem Arm ein schlafendes Kleinkind. Der bunte Rock ist bodenlang, das Haar hennagefärbt. Die Dolmetscherin übersetzt aus dem Rumänischen. Laut Anklage soll die junge Frau gemeinsam mit zwei weiteren Übeltätern im Mai vergangenen Jahres Mobiltelefone und Portemonnaies aus dem Aufenthaltsraum des damals noch existierenden Blankeneser Ökoladens an der Hasenhöhe gestohlen haben. Während die Mittäter das Personal ablenkten, huschte Bridusa Patri über die Treppe in den Aufenthaltsraum. Doch das diebische Trio hatte nicht mit der Geistesgegenwart der Angestellten gerechnet. Denn die riefen die Polizei und verschlossen den Laden von innen. Darauhin schoben die Diebe ihre Beute ins Regal, damit Telefone und Portemonnaies nicht bei ihnen gefunden werden konnten.

Die Staatsanwaltschaft hat zwei Verkäuferinnen als Zeugen des ein Jahr zurückliegenden Vorfalls aufgeboten. Ihre Schilderungen bestätigen die Anklage. Leugnen ist in diesem Fall zwecklos – die Angeklagte gibt die Tat zu.

Ausführlich lässt sich die Richterin die persönlichen Umstände von Bridusa Patri schildern. Die Angeklagte lebt mit zwei Kindern in einem Zimmer in Berlin, übersetzt die Dolmetscherin. Kein Schulabschluss, keine Berufsausbildung, keine Arbeit. Ob die Angeklagte Lesen und Schreiben kann, wird nicht ganz klar. Schon mehrfach musste die junge Frau in Gerichtssälen erscheinen. Immer ging es dabei um Diebstahl. Für zwei Wochen saß die junge Mutter bereits in Untersuchungshaft. Bisher wurden die Diebestouren immer mit einer Geldstrafe geahndet. In diesem Fall droht angesichts der Vorstrafen eine Haft. „Eine Geldstrafe ist nicht mehr möglich“, so der Anklagevertreter in seinem Plädoyer. Das beendet er mit einem Antrag auf eine viermonatige Haft, die allerdings zur Bewährung ausgesetzt werden könne.

Die Richterin sieht es wie der Staatsanwalt. Ihr Urteil entspricht dem Antrag des Anklagevertreters. „Eine kurze Freiheitsstrafe ist unabdingbar“, so die Richterin.

Das kleine Mädchen auf dem Schoß der Angeklagten hat von dem Verfahren wenig mitbekommen. Nur einmal ist es kurz aufgewacht, hat dann wieder die Augen geschlossen und weitergeschlafen. HS

*Namen geändert

Auch interessant