25. Juli 2015
Elbvororte

Verkommene Spielplätze in den Elbvororten

Blankenese

Spielplatz neben der Gorch Fock Schule in Blankenese – keine Aufwertung in Sicht?

Spielplatz neben der Gorch Fock Schule in Blankenese – keine Aufwertung in Sicht?

Blankenese. Der Spielplatz an der Karstenstraße, direkt neben der Gorch Fock Schule in Blankenese, liegt verlassen da. Hier spielen normalerweise viele Kinder täglich. Nun wurden zwei große Holz-Kletterburgen vom Bezirksamt Altona abgerissen – vermutlich aus Altersgründen.

Eine Gruppe von aktiven Eltern und Anwohnern fürchtet nun, dass die Spielplätze in den Elbvororten vernachlässigt werden, denn auf absehbare Zeit, mindestens aber fünf Jahre, sind keine Investitionen für die Neugestaltung von Spielplätzen seitens des Bezirks im Westen vorgesehen. Nun machen die Elbvorortler mobil: Eine neue Fachgruppe, die „Blankeneser Spielplätze“, hat sich formiert und wirbt um finanzielle Mittel, körperlichen Einsatz und Aufmerksamkeit der Anwohner. Initiator der Gruppe ist der Blankeneser Thorsten Wehner. Der Klönschnack bat ihn zum Gespräch.

Thomas Wehner setzt sich für Blankeneser Kinder ein.
Thomas Wehner setzt sich für Blankeneser Kinder ein.

Herr Wehner erläutern Sie uns Bitte kurz die Problematik.
Wehner: Gern. Kurz zum Vergleich: für alle 117 Spielplätze des Bezirks Altona stehen p.a. 280.000 Euro zur Neu- und Umgestaltung zur Verfügung. Da es in Blankenese (hoffentlich) nicht zu signifikanten Nachverdichtungen von Wohnraum kommen wird, sind außergewöhnliche Einnahmen, die als Ausgleichsmaßnahme in die Spielplatzplanung fließen würden, nicht zu erwarten. Deswegen müssen wir uns selber um die Spielplätze kümmern.

Wieso liegen Ihnen die Spielplätze so am Herzen?
Wehner: Uns geht es um die Schaffung eines lebenswerten, an nachhaltigen Kriterien orientierten, menschenzugewandten Ortskerns. Spielplätze als Ort der Begegnung und Kommunikation zwischen Alt und Jung und Kindern, kommt hierbei eine unschätzbare Rolle zu. Hier werden informelle Strukturen gepflegt und sehr häufig überhaupt erst geschaffen. Dies geschieht durch das am Ort Verweilenwollen, weil von den äußeren Rahmenbedingungen gesehen eine angenehme Atmosphäre herrscht. Negativ veranschaulicht heißt das, es herrscht kein Verkehrslärm, der Ort ist nicht vermüllt, er ist abgegrenzt gegen mögliche Verunsicherungen oder Verunreinigungen von Hunden und Vandalen. Die Spielplätze im Hessepark und im Hirschpark kann man beispielsweise getrost als zwei der zentralen Orte des Zusammenkommens in Blankenese bezeichnen. Vergessen darf man hierbei aber nicht die Anzahl Städtereisender, für die Blankeneser Parks touristische Sehenswürdigkeiten darstellen, aber auch die oftmals von weiter her anreisenden Großeltern der Blankeneser Enkel. Diese beiden Gruppen sind zentrale Botschafter des Erlebnisses „Blankenese“.

Spielplätze dienen auch als Lernorte…
Wehner: Genau, neben der Kita und der Schule sind Spielplätze die prägnantesten Orte sozialen Lernens, da hier eben nicht immer Berechenbarkeit des Miteinanders herrscht. Auch für die Erwachsenen bietet sich dadurch ein mögliches bürgerschaftliches Engagement auf diesem Feld an. Uns geht es darum, das sich die Menschen mit dem Verantwortungsgegenstand „Spielplatz“ identifizieren und durch die vorgelebte Verantwortung Multiplikationseffekte zu erreichen. Das entspricht dem entgegengesetzten Effekt einer Verwahrlosungsspirale, die mit Vernachlässigungen, kleinen Vermüllungen oder Zerstörungen beginnt und sich dann exponentiell beschleunigt. Mit dieser dann offenbar nicht mehr vorhandenen Hemmschwelle, weil negatives Verhalten offenbar „Mainstream“ geworden ist, finden sich in der Folge zunehmend mehr Bürger ab. Gegensteuern wird nur noch zu einem sehr hohen Preis möglich.

Sie wünschen sich also mehr Engagement von den Elbvorortlern?
Wehner: Richtig, wenn man an sich verstärkende Dynamiken glaubt, ergibt sich eine gute Prognose für das verantwortungsvolle Einstehen für konkrete Orte, Gegenstände oder auch Umgangsformen. Gleichzeitig kann auf diese Weise erlebt werden, mit wie wenig Aufwand – zehn Menschen harken gemeinsam einen 2.000 Quadratmeter großen Spielplatz an nur einem Vormittag von Herbstlaub frei – eine spürbare, sichtbare und damit erlebbare Wirkung erzielt werden. Die Kinder haben in der Folge eine gesteigerte Aufmerksamkeit „ihrem“ Spielplatz gegenüber. Haben sie selbst mitgeholfen, führt das zu einem Gefühl erlebter Selbstwirksamtkeit. Dieses Gefühl ist mit Stolz verbunden und führt in der Konsequenz zur Identifikation mit sozial erwünschten Verhaltensweisen.

Sie möchten mit ihrer Fachgruppe also aktiv in die gesellschaftspolitischen Strukturen eingreifen?
Wehner: Nun, es stellt sich die Frage: Wie ohne die faktische Teilnahme eine Eigenbeteiligung der Bürger eine positive Verknüpfung zu städtischen, staatlichen oder sonstigen regulatorischen Organen überhaupt gedacht werden kann? Sich für eigene Belange einzusetzen, die eingebettet sind in einen sozialen Zusammenhang, schafft ein direktes Feedback. In der Folge wird es zu einem gewissen Grad an Einsicht in die Strukturen und auch die Zwänge der anderen Seite kommen, was zu Empathie und gegenseitigem Verständnis führen kann. Zugleich kann es für einen wohlhabenden Stadteil wie Blankenese auch von Vorteil sein, wenn Dinge nicht delegiert, sondern, so banal sie auch erscheinen mögen, selbst angefasst werden.

Wie will die Gruppe ihre Ideen umsetzen?
Wehner: Ziel der Projektgruppe ist es, institutionelle (Groß-)Spender anzusprechen und um finanzielle Unterstützung zu bitten. Zugleich die Stakeholder des Stadtteils – neben der Gruppe vereinzelnder Nutzer, sollen auch Kitas und Schulen eingeschlossen werden – mit ihren Interessen zu berücksichtigen. Hierbei soll die Gestaltung der Spielplätze thematisch mit der Tradition des Ortsteils eng verknüpft sein. Es wird jedoch auch ausdrücklich angestrebt, den spendenden Institutionen insofern Dank und Referenz zu erweisen, als dass sie ein Mitspracherecht bei der Gestaltung oder beim Aussuchen beispielsweise eines konkreten Spielgeräts erhalten. Bei der Umsetzung soll auf nachhaltig agierende Anbieter zwingend geachtet werden. Die Materialien kommen wünschenswerter Weise aus biologischem Anbau/ Produktion. Weiterhin soll der Aspekt der Integration bei der Projektierung und Geräteauswahl Berücksichtigung finden. Die Projektgruppe wird ein Zehntel der von institutionellen Spendern eingeworbenen Mittel von Privatpersonen einwerben.

Der Klönschnack dankt für das Gespräch.

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